Verrisse

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  • "Ich werde dich hassen, wenn du es tust, doch ich werde alles in meiner Macht tun, dass du es kannst."
    -Voltaire




    Was bedeuten Zerrisse den überhaupt?
    Was bringen sie uns Schreibern?
    Vor allem eins: Ärger!
    Und zwar Ärger der sich für jeden Schreiber lohnt, der sich weiterentwickeln möchte.
    Sie kommen vor allem da zum Einsatz, wo ein Text eine Zumutung zum weiterlesen ist.



    Natürlich kann alles mit einem kurzen und prägnanten Satz gesagt oder mit einem Fünfzeiler kommentiert werden. Das ist besonders bei Lesern beliebt, die wenig Zeit haben. Das sind allerdings keine Infos, womit ein Schreiber vernünftig arbeiten kann, um anspruchsvollen Lesern gerecht zu werden.




    Die bessere Methode ist: Die auffälligen Zeilen des fehlerhaften Textes hervorzuheben, auf ausgebliebenen Satzzeichen hinweisen,
    Wörter markieren, die den Satzrhythmus stören, aber auch die brillianten Zeilen deuten, die unter dem Mülltext verborgen sind.




    Aber was hat das mit aufkommenden Ärger zu tun?
    Nun, wir Menschen haben ein tief verwurzeltes Bedürfnis nach Bewunderung und Anerkennung. Wir verlieben uns in unsere geschaffenen Werke.
    Nicht nur bei einem Schreiber ist das so, auch ein Kritiker kann in regelrechte Euphorie verfallen und seine verfasste Kritik für eine neue Revolution in der Welt der Literatur halten.
    Es kommt mit dem Feedback alles anders und die Vision zerplatzt.




    Der kurze Kommentar ist wie eine kurze Ernüchterung, dass etwas vergeigt wurde.
    Der Zerriss kann für einen unerfahrenen Schreiber bösartig erscheinen und ihm für längere Zeit den Spaß am Schreiben verderben.
    Er kann sich bloßgestellt fühlen. Zuallerletzt soll er sich für die vielen ablehnenden Worte auch noch bedanken.
    Da fragte ich mich früher: „Wie pervers ist das denn?“



    Das möchte ich erklären:
    Der Zerriss ist enorm arbeitsintensiv.
    Es hat sich jemand Gedanken über den Text gemacht.
    Und hat ihn gelesen, obwohl es ihm wahrscheinlich überhaupt keinen Spaß gemacht hat. Mit dem mitteilen von umbequemen Wahrheiten wurde riskiert, sich bei anderen unbeliebt zu machen.
    Da Ehrlichkeit in der Kritik das oberste Gebot ist, sollte nur Dankbarkeit geäußert werden, wenn diese auch als solche empfunden wird. Dafür kann ein Kritiker verlangen, dass dieser sich für seine Äußerungen nicht ständig rechtfertigen muss.
    Damit sind beide quitt.




    Zum Abschluss gibt’s ein chinesisches Sprichwort, dass gut zu Autor und Kritiker passt:
    „Erwarte niemals Dankbarkeit, dann spürst du den Tritt, den du bekommst, weniger.“
    :)

    Nicht alle Barbaren sind Analphabeten.

  • Hallo,


    ich hoffe, dass es dich nicht stört, wenn man diesen - Essay? - etwas kritischer betrachtet.


    Zunächst - es heisst Verrisse, nicht "Zerrisse". Bei einem Essay sind Wortwahl und das Wissen um Worte zu beachten.


    Außerdem fehlt eine klare Struktur und wirklich schöne Argumente. Eigentlich hast du nur deine eigene Meinung in einer Art "Stream of conciousness" hier hineingestellt. Das Ganze ist ein wenig kurz, wenig ausführlich und ich weiß immer noch nicht, was genau du eigentlich schreiben wolltest. Ein Essay? Eine persönliche Meinung aus der Sicht eines verbesserungswilligen Schreibers? Einfach mal "nur ein Post, wie es ist"?


    Die Kernaussage ist vielleicht sogar zutreffend, zumindest sollte das Credo des Schreibers sein, Kritik an der Sache ernst und nicht persönlich zu nehmen. Den Ansatz und die Idee, sich einmal die Kritik des Schreibens anzunehmen, ist gar nicht schlecht. Versuch einmal, das Ganze ein wenig ausführlicher zu gestalten und argumentativ zu verfolgen, mit Beispielen zu untermalen und so weiter.


    Liebe Grüße, Cassi

  • Hallo Cassandra,




    es stört mich mich nicht, wenn du das ganze etwas kritischer betrachtest.
    Ich habe eh noch vor ergänzendes hinzu zufügen.
    Bei der Kürze ziehe ich es vor, kurz und prägnant zur Sache zu kommen.
    Bitte schön:




    Machen wir uns nichts vor. Sobald der Schreiber das liest, kann es trotzdem zur Ohnmacht und Wut kommen, die von anderen geächteten Gefühlen , wie die Scham und anschießendem Hass, abgelöst werden.
    Und ehe man sich versieht, ist die emotionale Negativspirale heftig am rotieren; wodurch der Tag für einen gelaufen ist.


    Auch eine Kritik, die fair und sachlich vorgetragen wurde, kann einem die Luft rauslassen und derjenige will vom schreiben erstmal nichts mehr wissen.
    Wut wird als eine vorübergehende Geistesstörung betrachtet..
    Es kommt oft vor, dass Wuterfüllte Drohungen und Beleidigungen von sich geben.
    Sie sind völlig übertrieben und es hat keinen Wert mit Wütenden vernünftig diskutieren zu wollen. Aber dessen Verärgerungen sollten ernst genommen werden und man kann ihnen anbieten, erst mit ihnen zu reden, wenn diese sich wieder beruhigt haben.
    So zeigt man ihnen, dass man sie, trotz Entgleisung, respektiert und neues Vertrauen entsteht.


    Leider reagieren viele immer so verstört auf solche Gemütsschwankungen.
    Es passt eben nicht zum gewünschten Bild unserer Spaßgesellschaft oder zu Berufstätigen, die immer alles im Griff haben wollen.
    Fazit: Diese geächteten Gefühle werden gemieden, wo es nur geht.
    Emotionale Entgleisungen gehören zu den bestgehütetsten Geheimnissen.
    Dabei sind diese Gefühle etwas völlig natürliches. Sie gehören zum Menschsein einfach dazu. Ein erfahrener Kritiker ist sich dessen bewusst.
    In Künstlerkreisen sind die Leute in der Regel temperamentvoller, als anderswo.


    Streit ist nichts ungewöhnliches. Voltaire fing in seinem Leitsatz erst mit dem Hass an, bevor die Wertschätzung der Kritik kam.
    Doch was soll ein Betroffener tun, wenn die Wut hochkommt?
    Jeder findet eine geeignete Möglichkeit , dieser herr zu werden.
    Manchmal reicht schon ein kleiner Spaziergang, um wieder zur Ruhe zu kommen.
    Oder man setzt sich mit seinem Lieblingsgetränk an einem Fluss und schaut, wie die Schiffe vorbeifahren. Alkohol ist keine gute Idee.


    Klar, hat man oft das Bedürfnis zu protestieren, doch es empfiehlt sich, erstmal eine Nacht darüber zu schlafen, bevor man das tut. Oft tendiert man in der Wut zu übertreiben und das wird unglaubwürdig aufgefasst.
    Man auch kann eine Kerze anzünden und ein Gebet sprechen, Sport treiben, zu Freunden gehen und gemütlich abhängen. Jeder wird für sich die richtige Lösung finden.


    Sollten wir es nicht doch bleiben lassen , damit wir uns alle gut vertragen?
    Nein, das sollten wir nicht.
    Es muss Stellen in unserer Gesellschaft geben, wo klares, unmissverständliches deutsch gesprochen wird. Stellen, in denen jeder es gesagt bekommt, wenn er es wissen will, auch wenn es hart kommt. Unsere Liebe zu Mythen ändert nicht die Tatsache, dass Autoren konkrete Fakten brauchen, um großartige literarische Werke zu schaffen, die vielen Lesern eine Freude machen

    Nicht alle Barbaren sind Analphabeten.

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  • Zur Herangehensweise:


    Vom Prinzip ist es ganz einfach:


    Man sagt was Sache ist und die Anderen nehmen es an oder lassen es bleiben.


    Eine perfekte Kritik gibt es ebenso wenig, wie ein perfektes Schriftstück,


    doch wenn man hier ein paar Dinge berücksichtigt, können alle einen größeren Gewinn daraus ziehen.




    Da liegt diese sie also vor einem diese literarische Katastrophe. Zwei Seiten lesen zu müssen können schon eine Spaßbremse sein,und da soll man sich noch das ganze Buch geben?! Viele klappen dann einfach das Buch zu, mit der Hoffnung auf ein besseres zu stoßen und stellen ernüchtert fest, dass das andere doch besser war.


    Also ein neuer Anlauf und wieder kommt man beim lesen ins stocken, kriegt Anspannungen im Kopf, wird allmählich immer müder und klappt das Buch schon wieder zu. Darum macht man es am besten schrittchenweise.


    Es liegt ja auch nicht im Sinne des Erfinders, wenn man nach der zweiten Seite schließt und ein Buch mit 800 Seiten als schlecht betitelt. Mündlich geht es auch und ist für die Leute von Vorteil, die im schreiben nicht so geübt sind. Dumm ist eben nur, dass manches nicht auf anhieb gelernt wird, darum ist es besser, dass man die Kritik jederzeit erneut lesen kann. Besonders wenn an diesem Tag die Emotionen hochgekocht sind. Es gehen sonst zu viele Hinweise verloren. Also besser schriftlich.




    Am wichtigsten ist die eigene Meinung beim verfassen von Kritiken. Das sollte normalerweise selbstverständlich sein, ist es leider nicht immer. Es zählt ausschließlich das Schriftstück und sonst nichts. Es darf keine Rolle spielen welchen Status der Schreiber in der deutschsprachigen Literatur besitzt. Politische Einstellung, Religion, bereits verfasste Werke, Beliebtheit und, und, und; dass alles darf überhaupt keine Rolle spielen.


    Jeder hat das Recht, es auch gesagt zu bekommen, wenn dieser es wissen will, sonst wäre es Bevormundung. Natürlich halten ein paar erfahrene dagegen, weil gerade Neulinge oft nicht wissen, worauf sie sich einlassen. Das stimmt. Den dann wissen sie es und es wird sie trotzdem nicht umbringen. Ein guter Kritiker sollte fähig sein mit seiner Meinung völlig alleine dastehen zu können. Mitläufertum ist fehl am Platz. Auch ist es möglich von Leuten Texte kritisieren, die man selbst nicht leiden kann. Er wird sich auch nicht bei seiner Arbeit von irgendjemanden reinreden lassen.


    Es gehört oft zum gutem Ton, daß man „Offen für jede Kritik ist“. Ein souveräner Kritiker gibt auch immer Gelegenheit zu zeigen, dass das mehr, als nur eine leere Floskel ist.


    Schmeißen sie ihn raus, wissen andere, dass das die falsche Adresse ist, um vernünftig am eigenen Text zu arbeiten und diese, die Kritikern das Leben schwer machen, können sich weiterhin für Literaten des guten Geschmacks halten und noch in zehn Jahren den selben Schmun reden.




    Aber soll man noch etwas hinzufügen, wenn schon drei, vier oder mehr Kritiken dazu verfasst wurden?


    Auf jeden Fall. Vor allem ist es wichtig, nicht auf das andere Geschreibe zu schielen. Also erst die anderen Kritiken lesen, wenn die eigene verfasst wurde, sonst kann dadurch die eigene Meinung beeinflusst werden. Das bedeutet, dass Eigenheiten,


    unabhängig voneinander, mehrfach erwähnt werden. Es ist eine Sache, wenn einer von zehn Kritikern eine Textstelle beanstandet, eine andere, wenn sie zum von mehreren kommentiert wird. So hat der Schreiber gemeinsame Nenner im Blick.




    Ein Beispiel:


    Wir haben unter den teilnehmenden Kritikern einen Lehrer, einen Verwaltungsbeamten, eine Schülerin, einen Kriminellen, eine Journalistin und eine Hausfrau.


    Sie alle sind literaturbegeistert. Sie lesen alle den selben Text und lesen erst die anderen Kritiken, wenn ihre eigene verfasst wurde. Zwei von ihnen bemängeln fehlende Absätze, während gleich drei bestätigen, dass der Handlungsverlauf flüssig zu lesen ist, einer deckt jeden Rechtschreib- und Grammatikfehler auf.




    Und somit stößt man auf einen weiteren Punkt, und zwar sollte sich der Schreiber letztendlich entscheiden, wie viel er davon übernehmen soll. Jetzt wünscht sich die Schülerin viel mehr Romantik, mehr Tiefe und der Lehrer will, daß es bei der Geschichte richtig zur Sache geht. Ja was jetzt? Dem Schreiber bleibt nichts anderes übrig, als Abstriche zu machen, obwohl jeder von den Teilnehmern Kritiken zum Besten gegeben hat. Macht er es nicht, ist dieser hin und her gerissen und kommt keinen Schritt vorwärts.


    Nicht zu vergessen ist auch, dass, bei einem öffentlichen Aushang, dritte inspiriert werden. Was der eine Schreiber für Quatsch hält, gilt noch lange nicht für andere Schreiberlinge und die können mit den abgelehnten Kritiken sehr wohl etwas anfangen.




    Nicht alle Barbaren sind Analphabeten.

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  • An alle:
    Der nächste Text kann emotional anstrengend werden. Nur weil manche Emotionen geächtet sind, kann niemand deren Existenz verleugnen. Es ist also nicht auszuschliesen, dass für manche unangenehme Erinnerungen geweckt werden. Es wird beschrieben, wie aus Verärgerungen Hass wird und zu konkretem Handeln gegen Kritiker werden kann. Ich bitte um Verständnis.

    Nicht alle Barbaren sind Analphabeten.

  • (An alle, die in diesem Thread neu dazugekommen sind, es empfiehlt sich erst die vorherigen Postings zu lesen.)


    Aber wann lohnt der Ärger überhaupt nicht mehr?
    Wann ist es zu viel des Guten?
    Verärgerungen gibt es bei Kritiken sowieso, nur stellt sich die entscheidende Frage, ob der kaum zu vermeidende Ärger sich verflüchtigt oder ob daraus eine echte Feindschaft entstehen kann. Es gibt durchaus Punkte, wo es auch dem härtesten Schreiber zu blöd wird. Typische Konsequenzen für nervige Kritiker sind Hausverbote, Scheidungen, Schlägereien, Verleumdungsklagen und ähnlich unerfreulichem.


    Beispiele dafür:
    Edgar Allen Poe, denn er war nicht nur Autor, sondern auch als Kritiker tätig.
    Mit seinen in Magazinen verfassten Kritiken hatte Poe immer mal polemische Ausfälle; wodurch er sich Feinde machte, die später nicht müde wurden ständig seinen Namen zu beschmutzen.


    Ein zweites Beispiel ist die internationale Schriftstellerorganisation Writers-in-Prison-Committee. Diese, um 1960 entstandene, Organisation hat sich zur Aufgabe gemacht, Schriftsteller zu helfen, die Repressalien erdulden müssen.
    Meinungsfreiheit ist nicht überall eine Selbstverständlichkeit und so muss mancher
    auch heute seine Lyriken auf eine Gefängnismauer schreiben.


    Ein drittes Beispiel ist eine Strafe aus dem Mittelalter.
    Penetrante Nörgler setzte man damals in einem Käfig und tauchte diese ins kalte Wasser.


    Letztes Beispiel erzählt von einem Verurteilten, der einen Richter, mit samt seinen Haus, in die Luft sprengte.


    Und immer wieder wird bei Kritiken übertrieben, so dass es echt nicht mehr schön ist.
    Das hat verschiedene Gründe. Zum einen wollen Verleger und andere Geschäftsleute wissen, wie weit man selbst belastbar ist um dessen Zuverlässigkeit einzuschätzen.
    Darum wird dieser mal ein wenig abgeklopft.
    Zum anderen kann eine Gruppe von Kritikern den Ruf besitzen, die höchste Selbstmordrate unter den Schreibern zu haben, was wiederum dazu führt, dass der Zulauf von weiteren Schreibern ansteigt; nur um zu zeigen, dass sie besonders hart im nehmen sind und sich etwas trauen, was andere nicht tun. Während einige Kritiker wiederum einfach nicht anders können, als eine reißerische Show abzuziehen.
    Die ganz schlimmen verreißen einfach alles, was sie in die Finger kriegen.
    Es ist eine form von Sadismus, das Werk eines anderen genüsslich durch den Kakau zu ziehen.
    Wie gesagt, irgendwann ist es auch dem Härtesten zu blöd.
    Aber wann das genau der Fall ist, ist leider nicht immer feststellen.
    Durch eine hohe Kritikakzeptanz kann sehr viel wett gemacht werden, aber nicht alles.



    Hier sind Merkmale aufgezählt, bei deren Häufigkeit Kritiken irgendwann nicht mehr erwünscht sind; echte Feindschaft garantiert:


    Wenn nicht mehr über den Text geurteilt wird, sondern es bei dem Schreiber weitergeht. Ein Kritiker kann zu 100% beschreiben, wie dieser den Text wahrnimmt, wie der Text selbst auf ihn wirkt, das ja, aber über den Autor und dessen Leben urteilen? Besser nicht. Das gehört zu den gefährlichsten Dummheiten, die ein Kritiker machen kann.
    Ein hartes Urteil ist eine Sache, richtig ärgerlich wird es, wenn dazu noch falsch geurteilt wird. Was weis ein Kritiker wo der Schreiber den herkommt, wie er wirklich denkt oder fühlt? Meistens sehr wenig und dann noch für ihn reden wollen?
    Ein Kritiker redet in erster Linie für sich selbst.



    Immer und überall zu kritisieren. Auch auf Partys, beim Frühstück, direkt nach Feierabend. Muss das wirklich sein? Ist das nicht nervtötend?



    Was noch schlimmer ist als über das Leben eines anderen zu urteilen, ist denjenigen ändern zu wollen. Ein Mensch kann sich nur selbst ändern. Der Schreiber hat in seiner Geschichte das letzte Wort, sonst kann ein Kritiker gleich selber anfangen eine Geschichte zu schreiben. Es geht hier nicht nur darum Recht zu haben, sondern es geht um Inspiration.



    Du-Botschaften sind nicht gut bei Kritiken.
    Du-Botschaften erschweren die Kritik nur unnötig. Duzen ist verbales anfassen. Ich-Botschaften erleichtern die Aufnahme der Kritik für den Schreiber, ohne das irgendwelche Qualitäten oder Mängel verschwiegen werden.



    Wenn die ganze Zeit nur negativ kritisiert wird und nichts positives erwähnt wird. Nein, das braucht nicht weiter kommentiert werden.



    Ganz kleinkariert kritisieren. Ein Text ist von überdurchschnittlicher Qualität und es wird null darauf eingegangen, statt dessen werden kleine Mängel ans Licht gehoben und ein Drama daraus gemacht. Einfach nur nervig. Wehe denen, die versucht sind, solchen Pingeligen es in allem recht machen zu wollen.



    Nun zu der so viel zitierten Sachlichkeit.
    Rational ist sie schnell erklärt.
    Sachlichkeit bedeutet, die Kritiken leidenschaftslos zu verfassen und nicht persönlich zu werden. So weit, so gut, doch was ist ein Text ohne Emotionalität? Es ist wichtig zu sagen, welche Emotionen geweckt werden. Denn auch das ist etwas, was der Autor braucht um vernünftig zu arbeiten. Bei einem Liebesroman ist das leicht. Schnell kann man sagen, es war schnulzig, ergreifend, romantisch, rührend und das alles zugleich oder auch nicht.
    Aber bei einer Horrorstory, die starke Nerven erfordert, in der eklige Dinge beschrieben werden; ja im schlimmsten Fall ein extrem negatives Menschenbild vermittelt wird oder sogar so überzeugend wirkt, dass es in dieser Welt, in der wir leben, keine Hoffnung mehr geben wird; da ist das nicht mehr so leicht sachlich zu kritisieren. Da kann man schnell beleidigend werden.
    Auch in einer toleranten Gesellschaft kann gegen sittliches Empfinden verstoßen werden. Horrorautoren überschreiten diese Grenzen nicht nur gelegentlich.
    Ein Christ hatte eines Tages beschlossen, Lovecrafts Werke in die Tonne zu treten und ein anderer Leser fragte sich einmal, ob Steven King vielleicht pervers ist.


    Viele Geschichten erzählen vom Krieg. Ein Veteran bekommt eine davon in die Finger und kann nur noch sagen: „Junge, du hast keine Ahnung, von dem was du da schreibst.“ (Sei froh.)


    Es ist nicht immer leicht sachlich zu bleiben. Darum empfiehlt es sich nur zu kritisieren, wenn man dem Tag gut drauf ist. Es ist unfair über eine Kritik seinen Frust an andere auszulassen. Es sollte sich auch von selbst verstehen nicht unter Drogeneinfluss zu stehen. Handicaps sind kein Grund das Kritisieren ganz bleiben zu lassen, ein Farbenblinder begutachtet eben Schwarz-Weiß-Zeichnungen und keine anderen Bilder.
    Fazit: Sollten, beim lesen des Textes, geächtete Gefühle auftauchen, gehört es dazu, diese in der Kritik zu erwähnen. Man kann schonungslos ehrlich sagen, das der Horrortext pervers ist, aber nicht dem Schreiber irgendwas in dieser Richtung zu unterstellen. Charaktermängel eines Schreibers sollten egal sein, nur das Geschriebene zählt.



    Fakt ist, das jeder Kritiker schon im laufe seiner Tätigkeit den Bogen überspannt hat.
    Das ist menschlich. Es wird hier zwar Feindseligkeit hingewiesen, doch so schnell massakriert man sich auch nicht auf der grünen Wiese.
    Es ist eine Frage der Häufigkeit. Ein Kritiker kann diese Merkmale meiden, ohne dass es zu Schönfärbereien oder Tatsachenverdrehungen kommt. Man kann einem Menschen wirklich alles sagen, und zwar wirklich alles. Es ist eben eine Frage wie man es tut. Es ist Ärger, der sich lohnt.

    Nicht alle Barbaren sind Analphabeten.

  • Hier ist eine nähere Beschreibung über die Nutzung eines Literaturforums.
    Das ist vielleicht für eine jüngere Generation mittlerweile zur Selbstverständlichkeit geworden, dennoch wissen auch nicht alle, welche Vorteile ein Forum uns Schriftstellern bringen kann.


    Zum einen ist man anonym. Dadurch kann man peinlicher und persönlicher werden, ohne einen Gesichtsverlust in der eigenen Gemeinschaft zu riskieren.
    Wir können in der Anonymität viel unbefangener mit Tabuthemen reden, wodurch Probleme vor allem effektiver gelöst werden können als anderswo.
    Keiner kann sehen, wie man rot anläuft.
    Zur Anonymität kommt Distanz dazu. So haben selbst Konfliktparteien eine Kommunikationsplattform, ohne dabei in der Schusslinie zu stehen.
    Doch es geht bei weitem nicht nur um die Einzelheiten von Peinlichkeiten.
    Hohe Persönlichkeiten aus der Medienwelt können sich problemlos unter die Leute mischen und somit eher eine ehrliche Kritik erhalten.
    Genauso ist es bei attraktiven Frauen.


    Wir haben im Forum totale Entschleunigung.
    Im reellen Berufsleben verkümmern viele Gespräche zu einem oberflächlichen Small Talk. Schon mal weil einfach keine Zeit da ist auf etwas gründlicher einzugehen. Berufstätige haben eine günstigere Kommunikationsbasis.
    Das Meiste geschieht schriftlich und so hat man Gelegenheit, mit mehrmaligem lesen, länger über eine Sache nachzudenken. Vieles kann nicht in fünf Minuten diskutiert werden. Die berüchtigten Verrisse können so optimal genutzt werden.


    Mit dem Unterhalt eines Forums ist eine erhebliche Kostenminderung verbunden.
    Keine Heizkosten, keine Fahrtkosten, keine Security.
    Selbst wenn überwiegend miese Gesellschaft präsent ist, selbst wenn die Aufsichtspersonen (die Moderatoren) völlig inkompetent sind, kann augenblicklich, durch einen Mausklick, das Forum wieder verlassen werden.
    Moderatoren können Asozialen augenblicklich die Möglichkeit nehmen weiterhin was ins Forum zu schreiben. Einfach ein paar Klicks und die Anderen haben ihre Ruhe. Ist man selbst betroffen, wechselt man einfach das Forum. Das ist fast schon so leicht, wie das Wechseln eines Fernsehkanals.


    Ein weiterer Vorteil durch das Internet:
    Wir haben ein größeres Angebot an Kritikern. Vorbei sind die Zeiten, wo man nur auf ein paar in den öffentlichen Medien angewiesen war. Literaturbegeisterte aus aller Welt sind direkt miteinander verbunden.


    Schlusswort:
    Die perfekte Kritik gibt es nicht!
    Kritiker sind auch nur Menschen und das sollte man nicht vergessen.
    Darum wäre es für alle Seiten zu wünschen damit in Zukunft geduldiger und nachsichtiger zu sein. Jeder Kritiker hat seinen eigenen Stil.
    Dankbarkeit sollte der zwar nicht erwarten, aber man weiß, dass diese eines Tages doch kommen kann. Immer wieder entstehen durch Kritiker und Schreiber echte Freundschaften, auch wenn sie sich es in der ersten Phase des Kennenlernens überhaupt nicht vorstellen können.


    Verrisse gehören nun mal dazu.

    Nicht alle Barbaren sind Analphabeten.

  • Hallo liebe Schreibwerkstatt,


    es ist mal wieder etwas Zeit ins Land gegangen und mir sind zu diesem Thema noch ein paar Ideen gekommen. Zum einem geht es um den Weg, den ein frisch geschaffenes Werk einschlägt, und zum anderen sind durch eure Postings bei mir weitere Gedanken geweckt worden.


    Hier ist der übliche Ablauf eines Schriftstücks:
    1. Das eigene Werk wird mit großem Stolz der Communitiy präsentiert.
    :smile_wbb3:
    2. Ein paar beklatschen es. Das sind Leute, denen es echt gefällt, aber auch Leute, die sich neue Freunde suchen.
    :thumbsup: :cookie: :supa:
    3. Wilde Euphorie bricht aus, denn man hat es ja schon immer gewusst, dass man alles kann und sowieso der größte ist.
    :biggrin_wbb3:
    4. Dann kommt der erste, der nein sagt, weil da schlecht, da ein wenig beser, aber noch dringend zu verbessern ist; gefolgt von einer Weigerung sich sowas in zukunft weiterhin anzuschauen etc.
    :rolleyes_wbb3: :thumbdown: :oO::kopp:
    5. Natürlich wird das für einen schlechten Witz gehalten, den man findet es ja gut, was man da gekreiert hat.


    6. Dennoch fragt der Künstler nach, ob dieser Kritiker an dem Tag nur besoffen war; dieser wird das vielleicht sogar bejahen, doch nach wie vor, im schlimmsten Fall, behaupten:
    "Dieses Ding gehört in die Tonne getreten."
    :angry_wbb3: :grumble: :dau:


    7."Ha,", wird sich der Künstler sagen, nach dem die erste Verärgerung verflogen ist, "Was weißt denn der schon."
     8) 
    8. Nun folgen weitere ablehnde Kritiken, und der Künstler ist ganz gar nicht mehr begeistert.
    Es kommen die üblichen Ohnmachts- und Wutgefühle.
    :dash: :cursing:


    9. Beschwerden treffen beim Admin ein, es wird zu Mami gerannt und geflennt, in der dritten Halbtzeit beim Fussball randaliert.
    :cry: :schäm: :rocketlauncher:
    10. Nochmal wird es durchgelesen und die ersten Verbesserungen treten ein.
    Darum ist auch so wichtig Kritiken schriftlich zu äußern. Bei tobenden Emotionen geht vieles verloren und man will nicht alles x mal erklären.
    Deswegen sind Foren so beliebt in Literaturkreisen.
    :kaffee:
    11. Aha-Effekte treten ein.
    :!:
    12. Das Werk wird überarbeitet und man ist wieder voll motiviert.
    :ups:
    :smile_wbb3:

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  • Hallo Ogameforum,


    man hat mir anderorts gesagt, diesen etwas weitschweifige Text ein wenig zu straffen.
    Das halte ich für eine gute Idee. Absolut wichtige Sätze habe ich rot markiert.
    Die grünen Sätze zeigen, wann ein Kritiker sich unötig Feinde macht.


    Bitte schön:


    Verrisse in Kurzform



    1. Ehrlichkeit. Jeder hat ein Recht auf die Wahrheit.
    Verrisse gehören dazu.


    2. Ganz in eigener Sache sprechen.
    Man sollte mit seiner Meinung völlig alleine dastehen können.
    Hierarchien und Klüngeleien haben in der Kritik nichts zu
    suchen.


    3. Nur an bestimmten Stellen und zu bestimmten Zeiten kritisieren.
    Zum Beispiel Schulen oder Textkritikforen.
    Ständiges kritisieren fördert Feindschaften und schadet der Gesundheit.


    4. Schriftliches Kritisieren ist besser als mündliches kritisieren.
    Man kann es später in Ruhe lesen, wenn anfänglicher Ärger
    verflogen ist.


    5. Kritik ist Ärger, der sich lohnt.


    6. Der Schreiber hat das letzte Wort.
    Er nimmt die Kritik an, oder lässt es bleiben.
    Er ist auch für sein Werk selbst verantwortlich.


    7. Texte verreißen, aber nicht den Schreiber.
    Nur kritisieren, wenn man gut drauf ist.


    8. Den ganzen Text lesen und nicht bei den ersten zehn Zeilen das Buch
    zuklappen.


    9. Schlimme Texte schrittweise bearbeiten.


    10. Bei Verrissen kann man keine Dankbarkeit erwarten.
    Doch man sollte es sein, wenn einer Mut zu unbequemen Wahrheiten
    hat.


    11. Es ist schlecht kleinkariert zu kritisieren. Beispiel: Man macht aus
    ein paar Rechtschreibfehler ein Drama und ignoriert das gesamte Werk,
    selbst wenn es ein gutes ist.


    12. Ganz schlecht ist es, nur negativ zu kritisieren.
    So was braucht nicht weiter kommentiert werden.


    13. Besonders bei Verrissen ist es besser in der Ich-Perspektive zu
    sprechen. Duzen ist verbales anfassen.
    „Ich sehe in dieser Geschichte … „
    „Nach meiner Meinung nach ...“


    14. Es gibt keine perfekte Kritik.


    15. Verzeihen.



    Gruß Mad Bull

    Nicht alle Barbaren sind Analphabeten.

  • Irgendwann, wenn die Urteile, die das Jüngste Gericht verhängte, in Revision gehen und die Berufungsverhandlung vor einem Kollegium von Höllenfürsten verhandelt wird, dann werden wohl auch hanebüchene Unsäglichkeiten wie die folgenden zu Worte kommen:


    Zitat

    7. Texte verreißen, aber nicht den Schreiber.
    Nur kritisieren, wenn man gut drauf ist.


    Drauf auf was? Was muß man denn geraucht haben, um sich für die Kritik als tauglich zu erweisen?


    Und was soll dieser Unsinn mit der Trennung von Kunstwerk und Künstler? Die Antwort ist: Kunstwerk und Künstler sind keinesfalls zu trennen, oder, wenn man es etwas "beleidigender"[1] ausdrücken will:


    Sprechen und Denken sind eins, und die Schmöcke sprechen so corrupt, wie sie denken.
    Karl Kraus, Die Fackel Nr. 136, S23


    Alles Gesprochene oder Geschriebene ist Audruck des Denkens des Autors und selbst am letzten Kommafehler ist der Fehler in den Gedanken für den ausreichend feinfühligen Stilisten zu agnoszieren. Unpräzises und fehlerhaftes Schreiben kommt von unpräzisem und fehlerhaftem Denken und daß letzteres wohl etwas mit dem Autor zu tun hat, wird kaum jemand bezweifeln. Wie also sollte man das Werk kritisieren ohne dabei auch auf denjenigen, ders verursacht hat, einzugehen?


    Exemplarisch hierzu nochmal Karl Kraus und seine Diagnose des Nationalsozialismus, geschrieben 1933, wo die allermeisten 12 Jahre später ja noch vollkommen ahnungslos gewesen waren und das auch noch 1000 Jahre lang blieben:


    Hätte ich Mut, würde ich mutmaßen, daß eine Prüfung auf Sprachgefühl und grammatikalisches Wissen der Leute, die durch die Forderungen »Deutschland erwache!« und »Juda verrecke!« zu Macht und Vermögen gekommen sind, schon bei der Frage nach der Konstruktion jener auf Schwierigkeiten stößt [oder stoßt,wie sie grundsätzlich sagen und schreiben]. Sie wissen bestimmt nicht, daß da ein Komma hineingehört, weil die jeweils genannte Nation, die doch angeherrscht werden soll, sonst nicht die zweite, sondern nur die dritte Person vorstellt und die verlangte Tätigkeit: erwachen oder verrecken, nicht die Befehlsform, sondern bloß die Wunschform annimmt, die ja namentlich im Fall Juda nicht angebracht wäre.


    Wenn zum Beispiel das sinnverwandte »Verderben, gehe deinen Gang!« [Schiller] ohne Komma dastünde, so würde nicht das Verderben angerufen, sondern etwa ein Führer, dessen Gang es folgen möge. Das Ausrufzeichen sichert noch nicht den Befehl, sondern könnte eine Verstärkung des Wunsches sein.
    (Karl Kraus, Dritte Walpurgisnacht)



    Zitat

    11. Es ist schlecht kleinkariert zu kritisieren. Beispiel: Man macht aus
    ein paar Rechtschreibfehler ein Drama und ignoriert das gesamte Werk,
    selbst wenn es ein gutes ist.


    "Aus ein paar Rechtschreibfehler"? Man könnte verleitet sein, das als Tipfehler abzutun, wenn nicht am ganzen Satz sich schon des Gedankens Blässe zeigte. Solch einen gedankenlosen Nonsens kann man dann gar nicht anders als genauso schluderig und undurchdacht in die Tastatur zu hämmern, wie man ihn schluderig gedacht hat - Schreiben und Denken sind, siehe oben, eins.


    Der folgende beispielhafte Satz wurde lediglich durch ein Komma verändert - macht nix, war eh nicht so wichtig, heißt doch praktisch das selbe, oder?


    Er will sie nicht.
    Er will, sie nicht.


    Aber da machen wir gar kein Drama daraus, nicht wahr?


    Zitat

    12. Ganz schlecht ist es, nur negativ zu kritisieren.
    So was braucht nicht weiter kommentiert werden.


    Und zwar genau mit welcher Begründung? Ich seh schon, mir glaubst du nicht, aber vielleicht glaubst du Erich Kästner:


    Wo bleibt denn da das Positive? Ja, weiß der Teufel, wo das bleibt!
    (Erich Kästner)


    Nun, ganz im Gegenteil ist es nicht "schlecht" oder sonstwas, "nur negativ" zu kritisieren. Die einzige Frage, die sich wohl stellt, ist die der Angemessenheit: trifft die Kritik zu oder nicht? Ist sie sachlich begründet/begründbar oder nicht? Solange diese Fragen mit "Ja" beantwortet werden können, ist alles in Ordnung, unabhängig davon, was die Kritik beinhaltet. Ob es positive, negative oder ambivalente Beurteilungen gibt, ist letztlich von dem zu kritisierenden Text abhängig, weshalb artifizielle Einschränkungen in der kritischen Befassung schon von vornherein Unfug sein müssen.


    Außer natürlich, man brauchts nicht zu kommentieren. Nun, wenn mans nicht kommentieren muß, dann kann man sich den keinen Kommentar erfordernden Nonsens aber auch sparen, oder? Zum Unterschied von dir habe ich wenigstens mein Argument ausgeführt, während du lediglich feststellst, daß "sowas" "nicht weiter kommentiert werden" (sic!) muß.


    Wie taub muß man eigentlich sein, um den Fehler in diesem Mißgeschick, das sich in Verkennung der Tatsachen für einen Satz hält, nicht zu hören? Es muß natürlich "braucht nicht kommentiert zu werden" heißen - nicht nur, weil solche Konstruktionen mit "zu" gebildet werden[2], sondern vor allem deshalb, weil "man braucht nicht drüber zu reden" eine Aussage ist, während "man muß nicht drüber reden" lediglich eine Platitüde darstellt. Daß man in einem existentiellen Sinn so ziemlich nichts "muß", ist evident, aber tautologisch, während die Bestreitung der Notwendigkeit eines Diskurses zumindest eine Aussage (wenn auch sachlicher Quatsch) ist.


    Henricus Institoris
    ____________________
    [1] Das ist ein anderer Ausdruck für "ich habe zwar kein Argument, um was dagegen zu sagen, aber eigentlich bin ich ein guter Mensch und der, der mir das gesagt hat, das Allerletzte und deshalb ist das, was er gesagt hat, eine Beleidigung. Ich nenne ihn deshalb einfach "fast an der Grenze zur Idiotie". Das ist übrigens keine Beleidigung, weil ich ja einer von den Guten bin und völlig sachlich.


    Merke: nur Kritik ist unsachlich, solche, die mit Zitaten aus meinem Werk Satz für Satz belegt ist, ganz besonders. Sachlich hingegen ist: "Sehr gut, mehr davon." oder "Toll gemacht, weiter so."



    [2] In der Zeit, als ich noch zur Schule ging, lernte man: Wer "brauchen" ohne "zu" gebraucht, braucht "brauchen" nicht zu gebrauchen. Aber damals war halt auch noch die gute alte Zeit, es war alles besser und vor allem die Prügelstrafe noch nicht abgeschafft. Ich könnte mir vorstellen, daß angesichts des mittlerweile prävalierenden Quacksprechs die Spracherziehung mittels Korporalstrafe eine praktikable Alternative darstellte. Für die Erlösung von dieser gedanken- und formlosen Radebrecherei wären ein paar dabei erschlagene Schüler nicht zu viel bezahlt.

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  • Hallo Schreibwerkstatt des Ogameforums, hallo HenricusInstitoris,


    das letzte Posting ist für mich inspirierend und zeigt, das Niveau keine Handcreme ist.
    Ich finde, man könnte hier mehr Leute brauchen, die solche anregenden Postings verfassen.
    Was auch ein Grund war, warum ich mit meiner Verissaufklärung hier und anderswo Literaturbegeisterte auf die Vorteile von ehrlichen und harten Kritiken hinweise. Es sind in den verherigen Postings viele Fragen gestellt worden. Für mich überwiegend Fragen rethorischer Art.
    Da ein paar nützliche Denkanstösse dabei sind, wird darauf genauer eingegangen.




    Zitat

    Drauf auf was? Was muß man denn geraucht haben, um sich für die Kritik als tauglich zu erweisen?


    Natürlich muss man nichts geraucht haben. Ich will ja selbst, dass sich jeder traut ehrlich und in eigener Sache Kritiken abzugeben. In schlechter Laune tendiert man leider oft verletzender zu argumentieren, als es sein muss. Es ist möglich einen Verriss zu geben und dabei den Respekt der Person zu wahren. Bin ich wütend ist es wahrscheinlicher, dass meine Kritik nur von mäßiger Qualität ist.




    Zitat

    Und was soll dieser Unsinn mit der Trennung von Kunstwerk und Künstler?


    Sobald ich kritisiere, zählt für mich die geleistete Arbeit des Künslters und nur die geleistete Arbeit. Es ist mir in dem Moment sogar völlig egal, mit wem ich es zu tun habe, denn es ist möglich, die Werke von Leuten kritisieren, die man selbst nicht leiden kann. Mir ist es vorallem wichtig, die Literatur mit weiteren Werken zu bereichern. Sobald ich in einem Textkritikforum bin, kriegt es jeder gesagt, der es wissen will, ohne Wenn und Aber. Ausnahme: Der Schreiber und die Schreiberin möchten das Werk nicht kritisiert haben.




    Zitat

    Exemplarisch hierzu nochmal Karl Kraus und seine Diagnose des Nationalsozialismus ...


    Nicht schon wieder der Nationalsozialismus.
    Solange man keine Verantwortung für sein Leben übernimmt, solange man unangenehmes an Autoritäten abschiebt, solange man seine Mitmenschen für alles die Schuld gibt und solange man den Hals nicht voll genug kriegen kann, wird sowas in mehr oder weniger starken Form immer wieder kommen. Besonders Menschen von starkem Glauben und glühendem Patriotismus sind besonders bekannt dafür, sich in künstlerische Prozesse einzumischen, und das muss mit aller Macht verhindert werden! Darum brauchen wir Künstler Meinungsfreiheit, und die hat die Schattenseite, dass jedes dahergelaufene Schandmaul ein Pamphlet zum Besten geben kann.
    Politische und religiöse Fanatiker sind uns nur im Wege beim kreativem Schaffen großartiger Werke. Wir haben es selbst in der Hand ähnliches Potenzial zu entfalten, wie es einst Karl Kraus tat.




    Zitat

    Der folgende beispielhafte Satz wurde lediglich durch ein Komma verändert - macht nix, war eh nicht so wichtig, heißt doch praktisch das selbe, oder?


    Er will sie nicht.
    Er will, sie nicht.


    Hinweis auf Grammatikfehler begrüße ich immer. Wir Schreiber und Kritiker haben uns mit einer der schwersten Sprachen der Welt eingelassen. Solche Fehlerhinweise von einem Kritiker sind für mich immer vorbildlich.
    Da kriegt HenricusInstitoris ein Stern mir.




    Zitat

    Und zwar genau mit welcher Begründung?


    Es geht um Schadensbegrenzung. Schlicht und einfach.
    Ein Meister zeigt sich in seiner Mäßigung.
    Dies gilt besonders, wenn Leitsatz Nummer drei nicht beachtet wird.




    Zitat

    Wo bleibt denn da das Positive? Ja, weiß der Teufel, wo das bleibt!
    (Erich Kästner)


    Nun, ganz im Gegenteil ist es nicht "schlecht" oder sonstwas, "nur negativ" zu kritisieren. Die einzige Frage, die sich wohl stellt, ist die der Angemessenheit: trifft die Kritik zu oder nicht? Ist sie sachlich begründet/begründbar oder nicht? Solange diese Fragen mit "Ja" beantwortet werden können, ist alles in Ordnung, unabhängig davon, was die Kritik beinhaltet.


    Korrekt.
    Würde ich für einen Text nur eine Fünf übrighaben, ist das ganz klar ein Verriss und sollte ich nichts Positives finden können, wird von mir nichts hinzugedichtet. Manchmal sind die Arbeiten so grottig, dass auch ich nur sagen kann: "Toll, dass du mal wieder was geschrieben hast." (Und das wars dann auch.)



    Zitat

    ...
    Zum Unterschied von dir habe ich wenigstens mein Argument ausgeführt, während du lediglich feststellst, daß "sowas" "nicht weiter kommentiert werden" (sic!) muß.


    Stimmt, normalerweiser begründe ich das, doch manchmal stelle ich deswegen solche Argumente auf, wei es der Einfachheit dient.


    Zitat


    [1] Das ist ein anderer Ausdruck für "ich habe zwar kein Argument, um was dagegen zu sagen, aber eigentlich bin ich ein guter Mensch und der, der mir das gesagt hat, das Allerletzte und deshalb ist das, was er gesagt hat, eine Beleidigung. Ich nenne ihn deshalb einfach "fast an der Grenze zur Idiotie". Das ist übrigens keine Beleidigung, weil ich ja einer von den Guten bin und völlig sachlich.


    Ein Fall von Selbstbetrug.



    Zitat


    Merke: nur Kritik ist unsachlich, solche, die mit Zitaten aus meinem Werk Satz für Satz belegt ist, ganz besonders. Sachlich hingegen ist: "Sehr gut, mehr davon." oder "Toll gemacht, weiter so."


    Das verstehe ich als eine ironische Anspielung auf die weitverbreitete Lobhudelei.
    Ich kann verstehen, dass vielerorts geheuchelt wird, weil man keine Lobby verbrennen will.
    Wer bescheid weiß und das schreiberische Können perfektionieren will, wird in Zukunft keinen Kritiker mehr Schwierigkeiten machen.



    Zitat

    ...
    Aber damals war halt auch noch die gute alte Zeit, es war alles besser und vor allem die Prügelstrafe noch nicht abgeschafft.
    ...


    Die gute alte Zeit, wo ist sie hin?
    Damals, als die Gummistiefel noch aus Holz waren,
    und als die Tinte alle war, die Autoren anfingen mit ihrem Blut zu schreiben.
    Das war sie, die gute alte Zeit.
    Ja, da konnte auch ein Lehrer Kinder schlagen.
    Würde das heute mit meinen geschehen, hätte der ein erntes Problem.
    Das ist zeitlos. Das steht fest.



    HenricusInstitoris ist die Schreibwerkstatt eine Berreicherung.



    Gruß Mad Bull

    Nicht alle Barbaren sind Analphabeten.

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  • ...
    15. Verzeihen.
    ...


    Hallo,


    mit den 15 Empehlungen ist alles gesagt worden und das hier braucht von besonders ungeduldigen Leuten nicht gelesen werden.
    Ich möchte nur die Schreiberlinge bitten mit manchen Kritikern nachsichtiger zu sein.
    Wie weiter oben zu lesen war, sollen möglichst alle Leser Kritiken zum Besten geben.
    Das schliest eben auch die ein, die man selbst nicht leiden kann, die sich wenig durchsetzen können oder über einen geringen Bildungsstand verfügen.
    Nicht jeder stellt sich beim kritisieren geschickt an. Die einen Kritiker wirken herablassend, sadistisch, anklagend, ..., ihr wisst schon.
    Und andere wirken nicht nur so, sie sind es auch. Da braucht man sich nichts vor machen.
    Das ist manchmal ein schmerzhafter Entwicklungsprozess und gerade weil das so ist, möchte ich mit diesem Schreiben jedem Künstler ans Herz legen, nicht nur ihnen zu verzeihen, sondern ich wünsche mir, dass ihr es auch euch verzeiht, wenn ihr selbst merkt, dass wieder was vermurkst ist.
    Verzeihen lindert den Schmerz. Verzeihen hilft sich mit unangenehmen Zeitgensossen (Kritiker) besser zu vertragen.
    Darum haben auch meine alten Peiniger nichts zu befürchten.


    Euer Mad Bull =)

    Nicht alle Barbaren sind Analphabeten.