"Ich werde dich hassen, wenn du es tust, doch ich werde alles in meiner Macht tun, dass du es kannst."
-Voltaire
Was bedeuten Zerrisse den überhaupt?
Was bringen sie uns Schreibern?
Vor allem eins: Ärger!
Und zwar Ärger der sich für jeden Schreiber lohnt, der sich weiterentwickeln möchte.
Sie kommen vor allem da zum Einsatz, wo ein Text eine Zumutung zum weiterlesen ist.
Natürlich kann alles mit einem kurzen und prägnanten Satz gesagt oder mit einem Fünfzeiler kommentiert werden. Das ist besonders bei Lesern beliebt, die wenig Zeit haben. Das sind allerdings keine Infos, womit ein Schreiber vernünftig arbeiten kann, um anspruchsvollen Lesern gerecht zu werden.
Die bessere Methode ist: Die auffälligen Zeilen des fehlerhaften Textes hervorzuheben, auf ausgebliebenen Satzzeichen hinweisen,
Wörter markieren, die den Satzrhythmus stören, aber auch die brillianten Zeilen deuten, die unter dem Mülltext verborgen sind.
Aber was hat das mit aufkommenden Ärger zu tun?
Nun, wir Menschen haben ein tief verwurzeltes Bedürfnis nach Bewunderung und Anerkennung. Wir verlieben uns in unsere geschaffenen Werke.
Nicht nur bei einem Schreiber ist das so, auch ein Kritiker kann in regelrechte Euphorie verfallen und seine verfasste Kritik für eine neue Revolution in der Welt der Literatur halten.
Es kommt mit dem Feedback alles anders und die Vision zerplatzt.
Der kurze Kommentar ist wie eine kurze Ernüchterung, dass etwas vergeigt wurde.
Der Zerriss kann für einen unerfahrenen Schreiber bösartig erscheinen und ihm für längere Zeit den Spaß am Schreiben verderben.
Er kann sich bloßgestellt fühlen. Zuallerletzt soll er sich für die vielen ablehnenden Worte auch noch bedanken.
Da fragte ich mich früher: „Wie pervers ist das denn?“
Das möchte ich erklären:
Der Zerriss ist enorm arbeitsintensiv.
Es hat sich jemand Gedanken über den Text gemacht.
Und hat ihn gelesen, obwohl es ihm wahrscheinlich überhaupt keinen Spaß gemacht hat. Mit dem mitteilen von umbequemen Wahrheiten wurde riskiert, sich bei anderen unbeliebt zu machen.
Da Ehrlichkeit in der Kritik das oberste Gebot ist, sollte nur Dankbarkeit geäußert werden, wenn diese auch als solche empfunden wird. Dafür kann ein Kritiker verlangen, dass dieser sich für seine Äußerungen nicht ständig rechtfertigen muss.
Damit sind beide quitt.
Zum Abschluss gibt’s ein chinesisches Sprichwort, dass gut zu Autor und Kritiker passt:
„Erwarte niemals Dankbarkeit, dann spürst du den Tritt, den du bekommst, weniger.“