Roar

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  • Kurzgeschichte "roar"


    "Immer diese Rempeleien auf den billigen Plätzen!", Rudolf raunzte eigentlich ungerne andere an, aber er war recht müde von der ganzen Plackerei auf Atlantica, eine Kiste nach der anderen zuerst planen, sortieren, einordnen und dann dieser ganze Bürokram, jedes Mal das gleiche, und heute hatte er es besonders eilig, von der Arbeit nach Hause zu kommen, Urlaub stand an, ein paar Tage schwer erarbeitet, zusammengekratzt mit den Feiertagen von Ostern, kam er auf eine lahme Woche, wollte aber nicht meckern, besser als nichts. Die Augen fielen ihm fast zu, ein kleines wenig Konzentration konnte er noch brauchen, Konsole anfahren, Fuss an das Energierad, Sondenpeilung auf der Raumstation, Starterlaubnis einholen, alles Dinge, die er im Schlaf beherrschte, nur musste er dieses mal aufpassen, was Günther da so trieb mit seinem Energielaptop, es lenkte ihn einfach ein wenig ab, wenn sein Freund, den er mit nach Centauri nehmen wollte, schon spielte, bevor er gestartet war. Und dann dieser elendige schwarze Kater, der immer überall rumstreunte und das in einem Bereich, wo es nicht erlaubt war, aber was niemand sah, das konnte keiner kritisieren, leicht schmunzelte sein grauer Bart, und ein grummeln entging unbewusst seinem Mund.
    Günther schaute leicht von unten nach oben, erwiderte: "Holt`s Maul ouf dem biligsten Plotz, bring` endlich die Möhle raus, damit wir anfangen könna! Und wo bloibt oigentlich moin Biar? Jedes Mol dos gleiche boi dir, olles muass mon selbor mocha." Das ganze klang leicht eingeschnappt, war aber nicht so gemeint und eigentlich war Günther froh, mit Rudolf mitfliegen zu können, denn der normale Transit war erst in der Nacht möglich, da die Schwertransporter in diesen Zeiten Vorrang hatten gegenüber den Personentransporten, die daher fast immer zuletzt eingewiesen wurden.
    Didel strich um Günthers Beine und wollte gestreichelt werden und dieser tat der wohlbeleibten Katze den Gefallen, nebenbei schnippste der muskulöse Mann den Verschluss des Bieres in Richtung Müllentsorger, reichte eines auf das Board des Schiffes und nahm erst mal einen ordentlichen Hieb, rülpste ein wenig, lachte über die Bemühungen Rudolfs an der Konsole, taxierte übungsgemäss die Kontrollen und meldete Roger. Freunde fürs Leben, ging durch seinen Kopf und liebevoll knuffte er den älteren Mann mit seiner Schirmmütze in die Seite, das diesem die Luft weg blieb. Beide lachten, prosteten, streichelten die miauende Katze und warteten auf den Startvorgang.
    Kt 23SZ254 war ein veralteter Transporter der Galaxyklasse, 25 Meter lang, 10 Meter breit und 8 Meter hoch, das goldmetallige Aussehen war schon nicht mehr auf dem neuesten Stand und gehörte eigentlich schon erneuert, das Verbrennungstriebwerk war schon veraltet und hätte mit einem Impulstriebwerk ausgestattet sein müssen, aber war eines der letzten Modelle, das die Werft verlassen hatte, bevor sie auf Impulstriebwerkmodus umgestellt wurde. Das wertvolle an diesem Schiff war der narrensichere Verbrenner, unverwüstlich und sehr leicht zu bedienen. Die Updates des Boardcomputers waren ausgereizt und wurden auch nicht mehr erneuert, was auch unnötig war, denn schon ein normaler Arbeiter hatte es auf der Schule gelernt, wie dieses Modell flog. Der kleine Transporter flog mit 10 Parsec Radius schon eine schöne Entfernung und konnte ca. 10% Lichtgeschwindigkeit erreichen, ausgestattet mit einem einsteinschem Multiphasenfalter waren auch Lichtsprünge von bis zu 30 Lichtjahren möglich. Liebevoll nannte Rudolf sein Schiff "Goliath", weil es so behäbig aussah, aber doch ein Koloss an Leistung war.
    "Ich glaub, mich juckt es dort, wo Frauen nichts haben, wenn das nicht der vertrottelte Hansi ist mit seiner Kiste, wundert mich, das er schon fertig ist mit seiner Arbeit, piep mal kurz rüber, Günther, und bestell schöne Grüsse an seine Frau, das wird ihn ärgern!", lachend kniff er Didel in den Schwanz, worauf diese böse miaute und die Krallen offenbarte. "Do host recht, der Hansi ist emmer so eifersücht`g, dos mo scho locha muas. Beide Männer prosteten sich zu, zockten auf dem Board, und schauten zu den anderen Schiffen, die wie eine Schlange sich entlang zog bis zu dem kleinen Sprungtor, das einem aus den Athmosspärenbereich in den freien Weltraum transportierte. Von dort ging es relativ flott auf den Rennweg, eine festgesetzte Strasse, die einem über verschiedene Abzweigungen automatisch auf den richtigen Weg führte, der im Boardcomputer festgelegt wurde.
    Beide Männer hatten es sich gemütlich gemacht, der Kater schlief, das Spiel war spannend und keiner von beiden beobachtete die Sterne und den nahen Planeten Atlantica, eine riesige Wasserwelt, von der Ferne wunderschön anzusehen. Im Orbit des Planeten waren immer noch die Trümmer des zerstörten Mondes aus dem letzten Krieg, der schon über ein Jahrhundert her war und aus der Welt eine andere machte. Seitdem war die Entwicklung nicht stehen geblieben und in die Wasserwelt wurden neue Fischsorten gesetzt, weil alles Leben auf Atlantica gestorben war. Heute war der Planet eine Touristenattraktion ersten Ranges, es gab keine Gezeiten mehr und die Meere waren ruhig, die Sonne machte den Planeten zu einem warmen Ort, die Erholung war gross und daher sehr begehrt. Günther und Rudolf konnten sich diesen Luxus nicht leisten, sondern waren schwer arbeitende Männer für den Im- und Export, Zulieferer von irgendwelchen Luxusartikeln für die sogenannte High Society, aber es war ihnen egal, hauptsache die Kohle stimmte und alles andere interessierte sie nicht.
    "No, omal und no, oma, hahahaha! Des is moi Spial! Rudolf, wiallst no o Biar??" leicht angeheitert wankte Günther zum Reproduzierer und die alte Flasche wurde wieder neu gemacht. Keine Zauberei, nur ein System von Etikett, das sofort erkannt wurde in einem Bereich des Terminals, erneuert wurde und das verbrauchte automatisch in einen Recyclemodus stellte. Dadurch waren die Möglichkeiten eingeschränkt und es gab nur wenig Auswahl in Essens-und Getränkesachen, weil dieser Modus nur eine Handvoll Möglichkeiten zuliess. Aber Bier und Bratwürste waren das Lieblingsessen der Fernfahrergilde und die Männer waren nicht anspruchsvoll.
    "Günther, was ist denn mit der Goliath los, irgend was stimmt nicht, merkst du die Vibrationen im Schiff?", geschwind schaute Rudolf auf den Horizontzeiger und merkte, das das Schiff in eine Turbulenz gekommen war. Die Scheibe drehte sich permanent und nur dank des Gravitationsaggregates merkte man von der Turbulenz kaum etwas, weil dieses sich sofort an Änderungen anpasste, und mit einem Notsystem gekoppelt war, damit der ganze Gravitationsbereich nichtausfiel und sie zu Briefmarken zerquetscht wurden. "Wos is loas, schoa mol noch drossa, siahst dos??", Günther schaute entsetzt in den Weltraum, wo sich eine Blase aufbaute und immer grösser wurde. "Dos is Plosma, wiar werda sterba, hahahaha, dos schoat lostich oas!", Rudolf schaute in das wabbernde Etwas von Ball, der entstand, ein Phänomän, was er nur von hörensagen kannte. Es sah wirklich lustig aus, ziemlich bunt von rot zu gelb, orange, dann lila wie ein Luftballon, aber das Problem war, dieses Ding wurde immer grösser und die Goliath hatte sich darin verfangen und wurde ins Plasma hineingedrückt und kam nicht mehr raus. "Ich wollte eigentlich Urlaub machen und nicht sterben", raunzte Rudolf zu Günther, dem die Schweissperlen vom Gesicht liefen. Beide Männer waren sofort nüchtern, nur der Kater strich um beide herum, fauchte und schlug seine Krallen ins Hosenbein von Rudolf, seine Rache für das Schwanzkneifen oder eher weil er irritiert war, und instinktiv fühlte, das etwas nicht stimmte.
    Die Goliath ächzte und stöhnte und die Haltebolzen knirschten, die Schilde waren langsam ausgereizt und die Besatzung von diesem Transporter hatte mit dem Leben abgeschlossen. Ein monströses Plopp erklang ausserhalb des Schiffes und an der Fensterfront lief das Plasma in regenbogenfarbigen Rinnsalen entlang und verschwand: "Hahahahahaha, wir leben, hähähähähä, ich glaubs nicht!" Rudolf schlug Günther mit einer vollen Breitseite auf den Rücken, das dieser in die nächste Ecke flog. Beide Männer lachten und konnten sich nicht beruhigen. Am Fenster sahen sie eine riesige Flotte von Riesentransportern, die wahrscheinlich von einer Expedition zurück kamen, mindestens 1000 von diesen Monsterteilen flogen an ihnen entlang. Was für ein Schauspiel, die Plasmawolke verlor sich an den Schiffen ins Universum und überall sah es aus wie ein grosses überdimensionales Feuerwerk, wo sie mitten drin waren. Das Plasma war durch einen Multiphasensprung entstanden, monströs durch die vielen Schiffe und wunderschön wie man sich den idealen Tod vorstellte. Die Expedition wusste von nichts und sah sie nicht einmal wie ein Elefant, der eine Ameise zerquetscht und sie hatten das überlebt.
    "Jetzat broach i a Biar!!!" "Prost, fast hätten die uns umgebracht, und wir wären in ihrer Freude untergegangen, hehehe!" Beide Männer lagen sich in den Armen, weinten ihre Freude heraus über den entgangenen Tod und hatten eine Story, von der sie noch lange erzählen konnten.
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    Nach einem Gedankenausblick aus unserer Ally, wo ich so lachen musste, als ich mir vorstellte, das Verhältnis von 1kt gegenüber einer megaexpofleet ;)