After Apocalypse

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  • Moin,
    hier entsteht eine Sammlung kleiner Hintergrundgeschichten, Legenden und dergleichen, zu meinem RPG "After Apocalypse" im Abenteuerspielplatz. =)




    So finster die Nacht


    Die Anderswelt, Welt ewiger Dunkelheit, in welcher die alten, großen Götter schliefen und die Toten wandelten.
    Atem stieg auf, dampfte und kristallisierte in der eisigen Luft, Schnee knirschte. Neben dem eigenen Herzschlag die einzigen Geräusche in diesem toten Land.
    Wenn es doch nur so wäre...
    Fauchen und dumpfes Röhren, das war das was Angst bereitete, irgendwo hinter dem finsteren Horizont oder vielleicht doch schon hinter der letzten Erhebung aus Eis und Schnee, die überquert worden war.
    Atem wurde zum Keuchen, grobe Fellstiefel krachten schneller durch die unberührte Schneedecke. Das was hinter dem ewig dunklen Horizont verborgen blieb kam langsam immer näher.
    Metallisch klapperte das leere Gewehr nutzlos an der Seite, es hatte gute Dienste geleistet, besonders in den letzten Monaten, als diese Wesen die Spur aufgenommen hatten, nun war es nur noch Ballast und wurde dennoch nicht weggeworfen. Es war eine alte Waffe, noch älter als es den Anschein hatte, doch hatte sie gute Dienste geleistet und barg viele Erinnerungen an bessere Zeiten.
    Erinnerungen an die man sich in der Anderswelt klammern musste, wollte man sich nicht in Kälte und Finsternis verlieren.
    Die Menschen fürchteten die Anderswelt, obwohl sie die wahren Schrecken die dort lauerten nicht einmal erahnten.
    Ein falscher Schritt und Fellstiefel rutschten über Eis. Rasend schnell ging es talwärts, schlitternd und sich überschlagend. Dicke Pelze dämpften die größte Wucht, dennoch schmerzte es und als der Blick hinauf zum Schattenriss der Schneedüne ging, bewegten sich dort große diffuse Schatten.
    Steife Finger in unförmigen Fellhandschuhen schlossen sich um das leere Gewehr, denn die Anderswelt war finster und voller Schrecken, aber noch war die einsame Gestalt, in der Dunkelheit des ewigen Eises, nicht am Ende, noch war sie nicht fertig mit dieser Welt und auch nicht mit ihrem Vorhaben.
    Sie holte mit dem Gewehr zum Schlag aus, als sie unter kalten Sternen in ein geiferndes Maul blickte, aus dem Hörner wuchsen...

  • Das göttliche Spiel


    Es ist das wohl älteste aller Spiele, das göttliche Spiel. Es wurde bereits von den Vorfahren lange vor dem Götterkrieg zur Unterhaltung und geistigen Ertüchtigung gespielt, denn auch wenn es auf den ersten Blick simpel erscheinen mag, es benötigt Strategie, Taktik, Lug und Trug, Überlegung und Einfühlungsvermögen in den Gegenspieler.
    Das Spielfeld, gleich ob es aus teurem Holz, verschiedenen Metallen, günstigem Glas oder Stein besteht, besteht aus acht mal acht quadratischen Feldern, immer 2 Farben im Wechsel, als tristes Karomuster.
    Auf diesem Spielfeld stehen sich zwei Parteien gegenüber, als würde ein farbiger Spiegel in der Mitte des Spielfeldes stehen, ist der einzige Unterschied doch nur die Farbe.
    In der vorderen Reihe beider Seiten stehen acht gleiche Figuren, acht Mutanten, dumme, entbehrliche Wesen, deren einzige Existenzberechtigung darin besteht, die wichtigen Figuren zu schützen, die wirkliche Macht besitzen. Gewiss können diese kleinen Mutanten auch andere Figuren zu Fall bringen, aber das geht nie ohne den Verlust anderer Mutanten oder eine grobe Fahrlässigkeit des Spielers selbst.
    Ein Mutant kann nur nach vorne stürmen, in seinem ersten Zug ganze 2 Felder, ehe er erschöpft ist und sich in jedem Zug nur mehr ein einzelnes Feld voran schleppen kann, beziehungsweise ein Feld schräg nach vorne auf der eine gegnerische Figur steht um diese zu besiegen.
    Anders sieht es da schon in der hinteren Reihe aus, in der die wichtigsten aller Figuren stehen.
    Der Norm und der Sorcer dominieren die Mitte.
    Der Norm ist ein Sterblicher, ein Mensch, das höchste Leben, welches unter den kleinen und großen Göttern auf der Erde wandelt. Doch fehlt ihm die naive, dumme Ungestüm und Kraft, die den Mutanten zu eigen ist, so können sie selbst beim ersten Zug nur ein Feld laufen, weswegen ihre dienstbaren Geister alles dafür tun sie zu schützen.
    Wenn der Fall eintritt, dass sich die Norm beider Seiten gegenüber stehen, so können sie sich nicht gegenseitig Schlagen, sondern lassen immer ein Feld zwischen sich, denn sie achten das Gesetzt. Anders als die Mutanten sind sie keine Tiere, sie achten einander, selbst in einem Krieg, der beendet wäre, sollte der Norm fallen.
    Der Sorcer hingegen ist ein ehrloses Geschöpf, aber von unbändiger Macht erfüllt, so kann dieser in jedem Zug beliebig viele Felder in jede beliebige Richtung gehen, maximal jedoch nur bis an den Rand des Brettes, oder bis er eine Figur geschlagen hat, wobei er sogar die eigenen Mutanten vernichten kann, sollten sie ihm in den Weg kommen.
    Rechts und links von Norm und Sorcer sind die flinken Sandgleiter, wie man sie aus den Aschlanden und den sandigen Regionen im Süden kennt.
    Kleine, aber auch teure Reisemöglichkeiten, meist für kürzere Strecken, selbst bei schwierigem Gelände machen sie dank ihrer Wendigkeit eine gute Figur. Sie können diagonal über das Spielfeld ziehen, schnell und überraschend schlängeln sie sich ähnlich dem Sorcer, wenn auch nicht ganz so elegant, durch die gegnerischen Linien.
    Wiederum links und rechts der Sandgleiter stehen die Nomaden, geheimnisumwitterte Überlebenskünstler, die auftauchen und verschwinden, wie es ihnen beliebt, selbst wenn sie umzingelt sind.
    Die Nomaden können in jeder Runde zwei Felder in eine beliebige Richtung gehen, mit Ausnahme der Diagonalen und dürfen noch einmal ein weiteres Feld im rechten Winkel zur Zugrichtung ziehen. Auch ein Zug mit einer Bewegung von einem Feld in eine beliebige Richtung, mit Ausnahme der Diagonalen, und einer rechtwinkligen Weiterbewegung von zwei Feldern ist möglich. Diese Sprünge sind eine Gefahr für jede Figur auf dem Feld, mag sie auch noch so gut geschützt werden. Die Nomaden tauchen auf, schlagen zu, verschwinden wieder und werden irgendwann wieder irgendwo gesichtet, ohne, dass man wirklich weiß woher sie kamen und wohin sie gingen.
    Die letzte der Figuren steht rechts und links der Nomaden in der äußersten Ecke der hinteren Reihe beider Armeen, die großen, behäbigen Lastensegler. Schwer, dafür jedoch unaufhaltsam walzen sie nieder was ihnen in den Weg kommt auf ihrem langen Weg von Stadt zu Stadt und Reich zu Reich.
    Die Lastensegler können nur gerade ziehen, die Diagonalen bleiben ihren kleinen, wendigen Verwandten, den Sandgleitern, vorbehalten, dafür können sie jedoch befreundete Einheiten beiseite schieben und bis zu zwei Gegner die direkt hintereinander stehen überrollen, jedoch nur wenn der erste Gegner weder Nomade noch Sorcer ist, da diese durch ihr Wissen oder durch ihre mystischen Kräfte ausweichen können.

    Die Striga-Variante

    Im Reich der großen Helden des Nordens und noch weiter im Norden gibt es die Striga-Variante, die das göttliche Spiel zu einem schnellen Ende bringen kann, oder es in ein Gemetzel ausarten lassen kann.
    Die Striga-Variante basiert auf den Geschichten, die über die Striga, die Hexen der grünen Hügel, im Norden kursiert.
    Die Striga sind ein Kult, dem nur Frauen angehören, sie bemalen sich die Gesichter mit weißer, roter und schwarzer Farbe. Nomadinnen, die diesem Kult angehören sind selten, dennoch hört man manches mal von solchen bemalten Nomaden, selbst wenn nicht immer alle wissen, dass es sich dabei wohl um Striga handelt.
    Den Geschichten nach verehrt dieser Kult den Gott des Wandels, den Wechselbälger und Changeling, den Gott mit den tausend und mehr Gesichtern, den Lügner mit der falschen Zunge, den Betrüger, der selbst gegen seinesgleichen mit gezinkten Karten spielt.
    Als wäre die Verehrung eines solchen Gottes nicht schon dubios genug vernimmt man im Norden immer wieder die Bezeichnung Hexen der grünen Hügel für die Striga.
    Im Norden kennt fast jedes Kind die Geschichte von der Striga die in der Nacht kommt und unartige Kinder holt, entweder um sie ihrem falschen Gott zu opfern, oder um ihnen mit ihren Sorcerkräften böse Dinge anzutun.
    Aber was das nun mit der Striga-Variante des göttlichen Spiels auf sich hat?
    In dieser Variante lassen die Nomaden in der neunzehnten Runde ihre Masken fallen und entpuppen sich als Striga. Sie besitzen alle neunzehn Runden die gleichen Fähigkeiten wie der Sorcer.


    Viel Spaß beim Spielen :P

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    Lass uns ein Spiel spielen...


    <Seaten>Kata ist wie Cass, nur fauler und männlich

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  • Eine Erzählung vom Paradies
    „Am Anfang war die Finsternis, dann kamen die großen Alten aus der Zeit und dem Raum, pressten die Knochen der Feinde zu einer Kugel und warfen diese ins Sein, damit sie die goldene Sonne umkreist. So war die Welt nun wüst und leer, bis Mutter Gaia, die Älteste, Erde und Sand über die blanken Knochen streute und Wasser in Senken goss.
    So war nun das Land gegeben, auf dem die großen Alten die Ahnen setzten, auf dass sie lebten und das Land ihnen geben möge, was sie benötigten.
    So begann das Paradies, in welchem unsere Ahnen glücklich lebten unter den wohlwollenden Augen der großen Alten.“ Der Nomade beugte sich über den Parapolspiegel und wendete die Echse auf dem Gatter, welches darüber lag. Die geschuppte Haut begann allmählich abzuplatzen, bald würde das Reptil gar sein.
    „Kannst du uns vom Paradies erzählen?“ Wollte ein kleiner Junge wissen, der mit anderen Kindern um den Grill saß und der Geschichte lauschte. Nomaden waren beliebte Geschichtenerzähler, selbst hier am Rand der Welt, wo es selbst die Nomaden nur selten hinzog.
    Der Nomade schmunzelte. Er setzte sich wieder auf den Boden zu den Kindern des Dorfes, nahm einen Schluck Wasser und fuhr fort.
    „Im Paradies waren die Tage so lang wie die Nächte, die Luft war kühler und das Land war überall grün und der Boden fruchtbar. Die Menschen hatten alles was sie brauchten und es herrschte Frieden, es gab keinen Unterschied. Männer und Frauen, Norm und Mutanten, alle waren sie gleich. Es gab keine Herren und keine Sklaven, es gab nur Brüder und Schwestern. Alle waren sie frei und glücklich, dank der großen Alten.
    Doch eines Tages gab es einen Streit unter den größten der Götter. Es war das Ende der Seligkeit, denn einer von ihnen wollte mehr als ihm zustand, einer von ihnen wollte mehr als alle anderen. Er wurde zu dem, der nur Missgunst kannte für die anderen Götter, bis er schließlich zu dem wurde, der einen Verrat beging, schlimmer als alles was Götter und Menschen bislang kannten.“ Der Nomade machte eine dramatische Pause, die Kinder hingen an seinen Lippen, obschon sie die Geschichte bereits so oder so ähnlich von ihren Eltern gehört haben mussten.
    „Der Verräter... tötete einen anderen Gott, er tötete die Mutter Gaia aus Eitelkeit, Missgunst und Habgier. Die anderen Götter waren entsetzt und wurden wütend, wurden rasend. In Trauer und Raserei überzogen sie die Welt, die die Göttin vollendet und geliebt hatte mit Blut und Feuer auf der Jagd nach dem Verräter, der sich feige vor ihnen verbarg und über sie und ihre Trauer lachte. Bis sie ihn fanden.
    Das Paradies war verwüstet, aber es blühte noch immer und hätte sich erholen können, doch der Krieg der Götter schliff Wasser, Sand und Erde von der Knochenkugel, gar das Leben selbst.
    Erst als dem Verräter erneut die Flucht gelang begriffen die großen Alten, was sie getan hatten. Sie hatten in ihrem Wahn das zerstört, was als letztes an die edle Göttin Gaia erinnerte.
    Sie blickten hinaus in Raum und Zeit und fanden den Sand, den sie, wie einst Gaia auf die Knochenkugel streuten, doch von der Erde und vom Leben fanden sie nur noch einen kleinen Rest, den sie sorgsam zurück auf die sandbestreute Knochenkugel brachten, nur vom Wasser fanden sie keinen Tropfen mehr. Das ließ die Trauer des Gefährten der Mutter unendlich werden, so dass sich Tränen aus seinen unsterblichen Augen lösten und auf die nun wüste Welt fielen, auf das das Leben dort wieder gedeihen konnte.
    Doch keiner von ihnen konnte Gaias Werk wiederholen und so blieb ihnen allen nur mehr die Schuld, die sie in ihrer Wut auf sich geladen hatten. In der Dunkelheit der Reue zogen sich die großen Alten zurück, überließen das Leben sich selbst und legten sich in der Anderswelt nieder zu ihrem ewigen Schlaf, auf dass sie nie wieder die Schuld spüren mussten...“


    Eine kleine Geschichte der Schöpfung
    Das Paradies ging verloren. Die großen, alten Götter führten einen Krieg, der die Welt aus den Angeln hob.
    Das Erbe der Menschheit wurde vernichtet, das blühende Paradies, alles was blieb war Dunkelheit, Eis und Schnee, wie ein Leichentuch, für eine Unendlichkeit.
    Die Finsternis fand erst ein Ende mit dem Erscheinen des zweiten Mondes, der in fahlem Schein den Himmel erklomm um bei seiner liebsten Luna zu sein. Mit ihm kam das Licht zurück in die Welt, die Hitze und der Sand. Die Sorcer und die kleinen Götter kamen kurz darauf, angelockt vom warmen Schein.
    Die kleinen Götter sahen die Menschen in ihrem Leid in der neuen Welt, die nach dem Paradies geboren wurde und es berührte viele von ihnen. Die Menschheit erblühte, als ihre letzte Stunde bereits geschlagen hatte, unter der Obhut der kleinen Götter zu neuem Leben.

  • Tage des Feuers


    „Doktor Toscano, ich bitte sie!“ Der Assistent griff hektisch seine Habseligkeiten, warf dabei die Hälfte zu Boden und ließ sie liegen.
    „Ich kann nicht!“ Die Stimme der Schwarzhaarigen ging im an- und abschwellenden Geheul des Alarms beinahe unter, doch der Assistent verstand sie dennoch. Kurz hielt er inne, schüttelte fassungslos den Kopf und stürmte aus der Tür, reihte sich in den Strom der Laborarbeiter und Wissenschaftler ein, welche die Evakuierungswege beinahe verstopften.
    Äußerlich unbeeindruckt saß die Wissenschaftlerin weiter an ihrem Terminal, ignorierte die an der Tür vorbei hastenden Gestalten und arbeitete wie eine Besessene.
    „Schwester, verdammt! Was machst du denn noch hier?“ Der nächste Störenfried, doch sie ignorierte ihn, ließ die Finger nur so über die Folientastatur huschen.
    „Wir müssen hier sofort weg!“ Er trat ein und sie sah sich nun doch dazu genötigt zu reagieren.
    „Ich kann nicht!“ Wiederholte sie kurz angebunden, nur im Gegensatz zu ihrem Assistenten war ihr Bruder ebenfalls Wissenschaftler und Abteilungsleiter, so wie sie. „Wir dürfen die Daten nicht verlieren, ich muss sie an Basis 02 senden!“
    Der Mann packte sie unsanft am Arm und schüttelte sie aufgebracht.
    „Was nützt dir das wenn du tot bist?“ Schrie er sie an. „Die Allianz ist in unserem Luftraum, wir haben keine Verteidigung mehr! Wir müssen in die Enklaven, wenn wir überleben wollen!“
    Unwirsch riss sie sich los und widmete sich wieder ihrem Terminal.
    „Ich werde nicht zulassen, dass all das hier umsonst war! Verschwinde endlich, ich komme nach so schnell ich kann, aber erst muss ich alles senden!“
    Hilflos starrte er seine Zwillingsschwester an, ehe er nickte und kehrt machte. An der Tür wandte er sich noch einmal um.
    „Beeile dich...“ Dann verschwand auch er und allmählich wurde es ruhig im Gebäude, wenn man einmal vom nervenzehrenden Jaulen der Sirenen absah. Die Labore waren evakuiert und nur sie war geblieben, sammelte Daten aus der Forschung und der Planung, Ergebnisse und Blaupausen, komprimierte die Pakete und schickte sie über die Satellitenanlage an einen sicheren Ort.
    Kaum das die Übertragung erfolgreich beendet war, da sprang sie endlich auf und eilte mit wehendem Laborkittel aus dem Raum, den langen Korridor entlang und stieg in den Aufzug, der sie auf Bodenniveau hinab bringen würde.
    Die Türen schlossen sich viel zu langsam und die gläserne Kabine glitt gemächlich an der Fassade hinab, lud ein den Blick über die so friedlich daliegende Stadt schweifen zu lassen. Es hätte ein schöner Tag sein können... aber das war er nicht. Es herrschte Krieg und nun war der Krieg auch hier angekommen, würde bald hier angekommen... war angekommen...
    Mit wachsendem Entsetzen sah sie, in ihrem gläsernen Käfig, ein Objekt über den klaren Himmel jagen, von dem sich etwas löste, das in die Tiefe stürzte, mitten hinein in die Stadt.
    Sekunden vergingen...
    Ein gleißender Lichtblitz, hell wie die Sonne, von reinem Weiß wie göttliches Licht.
    Dann war alles wie immer.
    Doktor Toscano schloss in ihrem gläsernen Sarg die Augen um die Druckwelle nicht sehen zu müssen, welche dem Licht etwas verzögert folgte und alles in ihrem Weg wie Papier zerfetzte, jedes Haus und jeden Wolkenkratzer, Stahlbeton und... Glas...


    Doktor Nicolo Tescano weinte.
    Der Wissenschaftler tat seit zwei Tagen nichts anderes mehr, er saß in einer Ecke der hiesigen Enklave und weinte um seine Zwillingsschwester, die nicht gekommen war.
    Bis zuletzt hatte er daran geglaubt, dass sie kommen würde, bis zuletzt hatte er nicht akzeptiert, dass sie es nicht schaffen könnte...
    Dann war die Bombe gefallen und die Enklave hatte gebebt, er hatte noch immer gehofft, doch sie war nicht gekommen, sie hatte nicht im letzten Augenblick an die schwere Schleusentür gehämmert und Einlass begehrt, ehe die Strahlung die versiegelte Enklave erreichte.
    Sie war nicht gekommen, sie war noch immer dort draußen, dort wo es kein Leben mehr gab und so weinte er noch immer, als am zweiten Tag nach der Bombe aufgeregte Stimmen näher kamen.
    Zu ihm kamen.
    „Doktor Tescano!“ Ein junger Mann, gerade erst aus dem Studium, hielt vor ihm, fassungslos und aufgebracht. „Kommen Sie, Doktor! Das müssen sie unbedingt sehen! Sie müssen sofort in die Zentrale!“
    „Es gibt nichts mehr, das ich sehen wollte“ Schluchzte der Wissenschaftler, doch der jüngere ließ nicht locker, bis sich Nicolo Tescano auf dem Gang vor der Zentrale wiederfand.
    Er hatte ein mulmiges Gefühl, trat jedoch, genötigt von seinem jüngeren Kollegen, in die Zentrale ein.
    Eine merkwürdige Stimmung herrschte dort, es war ein Unglaube... ein Entsetzen... Angst...
    Nicolo Tescano schauderte und in diesem Moment wurde der Leiter der Enklave auf ihn aufmerksam.
    „Tescano...“ Murmelte er und seine Stimme trug Trauer.
    „Nicolo... bitte...“ Diese Stimme... Nicolo Tescano kannte diese Stimme, doch hatte er sie seit seiner Kindheit nicht mehr so schmerzerfüllt und verzweifelt gehört...
    „Sch...Schwester...?“ Mit geweiteten Augen sah sich Nicolo um, bis sein Blick auf den großen Bildschirm der Außenbeobachtung fiel, die zerstörte Stadt... der Bereich vor der Schleusentür, die eingeblendeten Werte von Temperatur und Strahlung, die Gestalt, die dort stand und schwach gegen die schwere Schleusentür schlug.
    „Bitte... Bruder...“ Flehte die Gestalt wimmernd, gehüllt in die letzten Reste zerfetzter Kleidung, die Haut zerkocht von Hitze und Strahlung.
    Fassungslos starrte Nicolo seine Zwillingsschwester auf der Außenübertragung an, ehe Leben in ihn kam und er den, mit der Situation völlig überforderten Enklavenleiter an den Kragenaufschlägen packte und durchschüttelte.
    „Was sitzt ihr Bastarde hier noch herum, öffnet sofort die Tür! Wir müssen sie reinholen, sofort!“
    „Tescano...“ Der Leiter der Enklave murmelte noch immer, doch diesmal brachte er mehr über die Lippen. „Die Strahlung... es würde uns alle umbringen, wenn wir sie einlassen.“
    Natürlich hatte er recht, aber das würde Nicolo erst später einsehen können, in diesem Moment war alles was zählte seine Schwester, die lebte und die dort draußen war in all der Zerstörung, verzweifelt und verletzt.
    „Bruder... bitte, lass mich rein...“ Wimmerte die Frau vor der Tür auf dem Bildschirm, als sie zusammen sackte, erst auf die Knie ging und schließlich gänzlich zu Boden glitt.
    „Mir ist so heiß... so heiß...“ Drang das leise Wimmern über die Außenbeobachtung in die Zentrale und mit Unverständnis sahen die Anwesenden, wie die eingeblendete Temperaturanzeige schlagartig in die Höhe schnellte.
    Die Haut der Frau begann sich zu verfärben, wurde rot als würde sie in ihrem Innersten glühen wie ein Stück Kohle.
    „Was... was hat das zu bedeuten?“ Schrie Nicolo hilflos, an niemand bestimmtes gerichtet, seine Angst und Sorge hinaus.
    Das Wimmern der Frau wurde leiser und erstarb schließlich ganz, doch die Temperatur vor der Schleusentür schoss weiter in die Höhe, nahm mit jedem Herzschlag eine weitere Hundertermarke.
    „Neinneinneinnein, Schwester.“ Keuchte Nicolo, der inzwischen ganz dicht vor dem Bildschirm stand, als könne er ihr so helfen.
    Es begann langsam, doch der Beton begann Blasen zu werfen, wurde flüssig... und dann, sackte der reglose Leib der Frau nach unten, als sich der Körper durch hochfesten Beton, Granit und Erde brannte, nur ein geschmolzenes Loch hinterlassend.
    Doktor Nicolo Tescano bäumte sich noch einmal auf, bevor eine Ohnmacht ihn ergriff, noch einmal schrie er all sein Leid und seine Verzweiflung hinaus, noch einmal rief er den Namen seiner Schwester.
    „Nicade!“

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  • Nächte aus Asche


    Zwei Jahre war es nun her seit die Bomben fielen, zwei Jahre in denen die Überlebenden die verlorene Welt beweinten, eingeschlossen in ihren sicheren Enklaven.
    Nicolo Toscano wanderte durch die einstmals mächtige Stadt, atmete die sterile Luft, welche durch seinen schweren Schutzanzug strömte.
    Hier wo er nun stand war einmal das Institut gewesen, ein Bau aus Glas und Stahl, für die Ewigkeit gebaut. Nun war hier nichts mehr, nur eine Trümmerwüste, die langsam unter der Asche begraben wurde, die aus der Atmosphäre regnete.
    Eine einzige Bombe war es gewesen, doch sie hatte ausgereicht die Hauptstadt der Union auszulöschen. Nur leider war es nicht die einzige Bombe gewesen, welche die Allianz ihren Feinden zum Geschenk gemacht hatte. Sie hatten Nachrichten von anderen Enklaven erhalten, in denen sich Menschen hatten retten können, doch auch sie hatten mit ansehen müssen, wie die Welt sich im Bombenfallout verdunkelte und der Winter kam in dem alles starb, was die Bomben nicht zunichte gemacht hatten.
    Er kniete sich nieder und grub die Hand in die Asche, er fühlte nichts durch den dicken, gepanzerten Handschuh. Ein Seufzen entrang sich seiner Brust und sein Blick glitt über die Ruinen, kaum mehr als ein paar mannshohe Mauern waren geblieben, obwohl es bis zum Einschlagsort noch über zehn Kilometer waren.
    Die Allianz hatte grauenerregende Waffen geschaffen. Die Bomben mit denen sie den Krieg beendet hatten... Nicolo schüttelte langsam den Kopf. Er verstand es nicht.
    Nach ihrem momentanen Kenntnisstand hatte die Allianz die ganze Welt verheert, nur um nicht zu verlieren. Ihr Admiral hatte den Befehl dazu gegeben, dieser Wahnsinnige, der sich seit seinem Aufstieg zum höchsten Befehlshaber der Allianzstreitkräfte als Held verehren ließ. So viel Leid...
    „Nicolo, lass uns gehen.“ Erklang eine Stimme in seinem Helmlautsprecher.
    „Ich komme gleich.“ Noch einmal sah er in den dunklen Himmel, an dem sich seit zwei Jahren keine Sonne mehr gezeigt hatte, ehe er sich wieder an den Rückweg machte, um wieder zu den Männern und Frauen des Expeditionstrupps zu stoßen, mit denen er wie so oft die Überreste der Stadt durchkämmte in der verzweifelten Hoffnung irgendetwas zu finden.
    „Hey... meine Instrumente spinnen, die Außentemperaturanzeige spielt völlig verrückt.“
    „Merkwürdig, meine Anzeigen behaupten die Temperatur würde steigen.“
    „Verrückt, seit zwei Jahren gibt es einen globalen Winter und jetzt haben wir hier plötzlich Plusgrade.“
    „Sieben, Fünfzehn, Vierundzwanzig...“
    „Leute, lasst den Unsinn.“ Funkte Nicolo dazwischen, der noch ein ganzes Stück von der Gruppe entfernt war. „Ich habe hier noch die gleichen Temperaturen wie gestern und vorgestern.“
    „Scheiße, das ist kein Unsinn, hier geht die Temperatur durch die Decke!“
    „Spürt ihr das?“
    „Scheiße, scheiße, scheiße, scheiße, das ist der Boden! Da ist etwas unter uns!“
    „LAUFT!“
    Nicolo, der stehen geblieben war und irritiert zu seinen Freunden und Kollegen sah, betrachtete noch einmal die Anzeigen seines Anzugs. Die Temperatur war um zwei Grad gestiegen und noch während er auf die Anzeige sah, stieg die Temperatur um einen weiteren Grad auf der Celsiusskala.
    Dort wo eben noch Männer und Frauen in hermetisch verschlossenen Anzügen gestanden hatten, die nun rannten wie die Hasen, brach der Boden auf und heiße Glut quoll aus der Tiefe unter dem toten, unter Asche begrabenen Land.
    Eine Lavaerruption, ohne dass sich ein Erdbeben ereignet hätte.
    Der Anblick fesselte Nicolo so sehr, dass er den Blick nicht abwenden konnte, als immer mehr glutheiße Lava über den Boden kroch und die Umgebung in düsteres Licht badete.
    Die Forscher versammelten sich um ihn, als die größte Panik, die sie ergriffen hatte, sich gelegt hatte. Gemeinsam betrachteten sie dieses merkwürdige Schauspiel, weit genug entfernt um nicht gefährdet zu sein, nahe genug um nichts zu verpassen. Ohne ein weiteres Wort zu wechseln waren sich alle einig. Etwas stimmte hier nicht. Sie waren alle gebildete Männer und Frauen, kannten Aufnahmen solcher Ereignisse, wussten wie sich die Erde verhalten sollte bei solchen Naturphänomenen, doch war hier nichts wie es sein sollte.
    Wieder drückte sich geschmolzener Stein durch den Boden und breitete sich darüber aus. Wunderschön und unheimlich.
    Wenn auch nicht so unheimlich wie das was sich langsam aus der kochenden Glut erhob, erst unmerklich, dann deutlich.
    Die Forscher hielten die Luft an bei dem was sie sahen.
    Hörner, ein peitschender Schweif, rot glühend, die ganze Gestalt.
    „Ein Dämon!“ Wimmerte plötzlich einer der Forscher. „Die Unterwelt hat sich geöffnet uns zu verschlingen!“
    „Eine Dämonin.“ Korrigierte ihn ein notorischer Besserwisser, der genauer hingesehen hatte und weit weniger Angst zeigte im Angesicht des Unmöglichen.
    „Soetwas gibt es nicht.“ Appellierte eine der Frauen an die Vernunft.
    „Achja und was sehen wir dann gerade?“ Die Stimme des Gläubigen war schrill geworden.
    „Eine Frau...“ Nicolos Stimme war tonlos und seine Brust fühlte sich so entsetzlich leer an.
    „Äh.. bitte was?“ Er wusste nicht wer das gesagt hatte, es war ihm auch egal, denn Nicolo hatte sich schon in Bewegung gesetzt.
    „Nicolo was tust du?“ Rief eine Stimme, doch folgten sie ihm nicht, als er langsam einen Schritt vor den anderen setzte.
    Die Heizung seines Anzuges schaltete sich ab und das Kühlaggregat sprang an, doch schließlich blieb er stehen, da die Luft in seinem Anzug zu brennen schien, so heiß war es geworden, nun, da er neben den flüssigen Gluten stand, nur noch wenige Meter von der glühenden Gestalt entfernt, die wie traumwandelnd bis zu den Knien in rotgoldener Lava versunken war, den langen Schweif umher peitschen lassend.
    „Nicolo, komm zurück!“ Wisperte es leise im Funk, doch er hörte nicht darauf, alles was seine Kollegen zu hören bekamen war ein ungläubiges „Nicade...“.
    Als hätte sie ihn gehört drehte die Gestalt sich zu ihm um und er sah in ihr Gesicht, das Gesicht seiner Schwester, deren, sich in der Strahlung aufheizender, Leib sich durch Stahlbeton in die Erde geschmolzen hatte.
    Und nun, zwei Jahre später stand sie da, verändert, wie ein Feuergeist alter Sagen, inmitten all der Zerstörung, in der Finsternis aschgrauer Tage.
    „Ich... kenne dein Gesicht...“ Sie lächelte und Nicolo sank vor ihr auf die Knie.
    „Schwester...“ Er verstand es nicht, niemand verstand es und es vergingen Jahre, bis er Nicades Erinnerungen wieder wecken konnte und mit ihrer Hilfe gelang es ihm schließlich die Enklave der Hauptstadt auszubauen, sie zu dem zu machen, als was sie später bekannt werden würde.
    Die große Enklave des Corpse.
    So steht es zumindest in den geheim gehaltenen Aufzeichnungen des ersten Leiters des Technicorpse, Nicolo Toscano.

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  • Lichtbotschaften


    Das Leben war schwer geworden in der Nordlandallianz. Der Krieg zog sich schon viel zu lange, zu viele Jahre, Jahrzehnte. Viele Menschen waren im Krieg geboren worden, kannten nur die ständige Bedrohung durch die Union und das Konvent und die Rationierung.
    Alles war knapp, sah man eine Schlange stellte man sich an.
    Alles wurde für den Krieg gebraucht, für die Männer und Frauen an den Fronten, für die Festungen, für die Kriegsmaschinerie. Nicht zuletzt für die Golithen, die ultimativen Krieger. Groß, stark, intelligent und ein jeder ersetzte eine ganze Kompanie.
    Wo ein Golithe über das Schlachtfeld schritt hatten Union und Konvent keine Chance, entsprechend war die Golithenzüchtung forciert worden. Ein weiterer Kostenpunkt für den das Volk aufkommen musste indem es noch weniger bekam.
    Zum Glück florierte allerdings der Schwarzmarkt in den Grenzen der Allianz. Ansonsten wäre sie nie an die ganzen Geräte gekommen.
    Sie war schon immer gut ausgerüstet gewesen. Gute Noten in den Bildungsheimen. Gefördertes Studium an der Allianzakademie. Abschluss mit Auszeichnung mit nichteinmal Zwanzig Jahren. Arbeit in der Hauptstadt, Regierungsviertel, militärischer Hochsicherheitsbereich. Elektronische Kriegsführung.
    Ein Paradies für hochintelligente junge Patrioten.
    Oder für ein aktives Mitglied der Volksfront.


    Sie war lange unentdeckt geblieben, hatte Informationen und Hardware gesammelt und hatte viel gelernt.
    Anfangs leitete sie die Informationen an ihren Kontakt weiter und suchte sich dann und wann etwas unbeachtete Hardware aus um ihre private Techhöhle zu bauen. Dann und wann noch etwas vom Schwarzmarkt, manchmal verkaufte sie auch selbst etwas das sie nicht brauchte.
    Es ging lange gut und sie stieg auf, nicht nur in den Augen der Allianz, sondern auch innerhalb der Volksfront.
    Sie koordinierte ganze Fronten im Krieg, verteilte Informationen an alle Seiten. Machte die Allianz glauben, dass Union und Konvent sich in der Schlacht um die ZEUS-Station gegenseitig aufrieben, während sie in Wahrheit ihre vereinten Kräfte sammelten und hielt die beiden anderen Parteien in diesem unwürdigen Krieg über die Truppenbewegungen der Allianz auf dem Laufenden.
    Es hatte sie und die Volksfront viel Mühe gekostet, dass die Allianz nichts vom Bündnis der Union und des Konvents erfuhr. Die Allianz musste fallen um all das endlich zu beenden. Es war der einzige Weg.
    Doch dann kam der Tag vor dem sie sich immer gefürchtet hatte. Sie war aufgeflogen!
    Die Volksfront reagierte schnell. Schneller als die Allianz, wenn auch nur um Sekunden.
    Es war der reinste Bürgerkrieg in der Hauptstadt, als die Volksfront sie herausholte.
    Im Geheimen hochgerüstete Rebellen gegen die Elitetruppen der Regierung, selbst einer der Golithen war zu diesem Zeitpunkt in der Hauptstadt stationiert.
    Die Nordlandallianz pries die Golithen als die perfekten Menschen, doch der den sie sah war ein Monster. Ein Riese wie aus alten Legenden, gewaltig und grausam. Dieses Wesen war so groß, dass es sich nicht am Häuserkampf beteiligen konnte, aber wann immer sie und die Volksfrontler freies Gelände überqueren mussten war der Golithe vor Ort und tötete. Es schien als könne ihn nichts aufhalten. Doch schließlich, es schien eine Ewigkeit, entkamen die Widerstandskämpfer.
    Hunderte waren gestorben um eine einzelne Frau vor Gefangennahme, Folter und Tod zu schützen. Für sie war es ein schrecklicher Tag gewesen und das Grauen verfolgte sie noch lange. Doch machte sie weiter, aus dem Untergrund.
    Sie kam nicht mehr so einfach an Informationen, musste erst mühsam in die Systeme der Nordlandallianz eindringen. Diebstahl und Sabotage, das waren ihre Aufgaben. Nach einigen Monaten jedoch hatte es irgendwo eine undichte Stelle gegeben.
    Die Allianztruppen hatten genau gewusst wie viele sie waren und wo sie waren und sie schlugen zu. Vernichteten diese Volksverräter und Hochverräter. Schlussendlich fanden sie auch die Frau, die schon so lange der Allianz Steine in den Weg warf.
    Doch die Frau spürte nichts davon, erlebte alles nur mit dem Auge der Kamera mit, da sie im System war, eingestöpselt mit einem Kabel zwischen den Geräten und ihrem Kopf.
    Sie sah durch die Kameras wie die Allianztruppen das Versteck stürmte, so viele von der Volksfront niederschossen, dass sie es nicht wagte zu zählen und schließlich in ihre Techhöle eindrangen.
    „Lilja Mínervudóttir, Sie sind wegen Hochverrat angeklagt und verurteilt.“ Sagte einer der Männer, ein Offizier, doch die Frau reagierte nicht. Sie folgte der Kameraübertragung, in der ihr Körper an den Maschinen zu sehen war, nur mit wenig Interesse. Sie musste das Programm fertig stellen, das war alles was zählte.
    „Zwar ist der Tod durch den Strick vorgesehen, aber das wäre zu einfach für dich Miststück!“ Na immerhin, sollte er noch etwas reden. Nur nicht die Verbindung trennen, nicht das Kabel ziehen, das Programm war fast fertig.
    Sie blendete die Kameraübertragung aus ihrem mit der Maschine verbundenen Geist aus und konzentrierte sich ganz auf die Codezeilen vor ihrem geistigen Auge.
    Dann gab es einen Knall und ihre virtuelle Realität wurde von gleißendem Licht geflutet und ein lauter Schrei erklang.
    Lilja kämpfte sich durch das Licht, was war geschehen? Hatten sie den Stecker gezogen? Nein, das wäre anders. Sie suchte Zugang zu der Kamera in dem Raum und schließlich begriff sie woher der Schrei kam. Sie war es selbst die schrie, während sich ein dunkler Fleck an ihrer Schulter ausbreitete. Dieser Drecksack hatte ihr in die Schulter geschossen. Das weiße Licht, welches die virtuelle Realität überlagerte war ein Schmerzimpuls. Ein Glück war ihr Geist so tief in der Maschine, dass sie nicht direkt fühlen konnte was ihr Körper empfand, auch wenn sie allmählich Panik empfand. Das war noch nicht das Ende. Dieser Dreckskerl würde noch öfter auf sie schießen, ehe er sie tötete.
    Den größten Teil ihres Lebens war sie sich bewusst gewesen, dass dieser Tag kommen würde. Dennoch, es war zu früh, das Programm, sie musste sich um das Programm kümmern, so lange sie noch konnte. Denn dieses Programm würde das Ende der Allianz endgültig besiegeln, dieses Programm war es wert dafür zu sterben!
    Lilja widmete sich wieder dem Quellcode und noch zwei mal überlagerte gleißendes Licht die virtuelle Realität in der sie arbeitete, aber sie sah nicht nach, spürte nur allmählich ihre Konzentration schwinden und das war alles was ihr Sorgen bereitete. Sie war bereit zu sterben, aber nicht ehe sie ihre Aufgabe erfüllt hatte.
    Dann war es soweit, das letzte Zeichen war geschrieben und sie brachte das neue Programm gedankenschnell, mit Lichtgeschwindigkeit auf den Weg. Dieses Programm war von nun an selbstständig, es würde sich verbreiten und sich in allen Geräten der Nordlandallianz festsetzen, verborgen und unerkannt, so wie sie selbst lange Zeit. Und wenn es an der Zeit war… würde ein Befehl genügen um alles lahm zu legen!
    Eine weitere Flut von Helligkeit und der gequälte Schrei ihres Körpers verleitete sie dazu noch einmal auf die Kamera zuzugreifen. Lilja wusste, dass sie nicht mehr lange zu leben hatte und was ihr die Kamera zeigte bestätigte dies noch. Ihr Körper blutete aus mehreren Schusswunden, hing schlaff im Sessel auf dem sie sich jeden Tag niedergelassen hatte um für die gerechte Sache zu kämpfen, nun würde sie dafür sterben. Zum Glück empfand sie in der Maschine nicht so stark, konnte dem Ende gelassener entgegen sehen. Es hatte keinen Sinn mehr sich auszuloggen und das Ende in der Egoperspektive zu erleben. So hatte sie wenigstens etwas Frieden dabei.
    Gerne hätte sie noch gesehen wie ihr Programm den Untergang dieses Verbrecherregimes einläutete, aber es sollte nicht sein, leider.
    „Und jetzt, du Konventshure, mach ich dich kalt!“ Hörte sie ihren Peiniger, der sich während sie beschäftigt gewesen war wohl in Rage geredet hatte. Lilja sah in der Kameraübertragung Tränen über ihre Wangen laufen, doch sie fühlte sie nicht, fühlte auch nicht die nächsten Schüsse, die ihr in die Brust fuhren, bemerkte nur das gleißende Licht, welches der Schmerz in die Maschine schickte und dann…
    Dann ging ungefragt, in den letzten Sekunden ihres Lebens eine Meldung vor ihrem geistigen Auge in der Maschine auf.
    Die Allianz hatte ihre Raketen gestartet, alle. Restlos, selbst die Experimentellen.
    In der Maschine sah Lilja eine Karte mit Markierungen für die Raketen, die alle unterwegs waren, sich bewegten… bis auf einige wenige, die durch eine andere Markierung gekennzeichnet waren. Nämlich mit dem Marker für Detonationen, natürlich, die sabotierten Raketensilos. Und einer davon war mitten in der Hauptstadt, nur ein paar hundert Meter von diesem Versteck entfernt, direkt vor den Augen des Feindes…
    Für den Bruchteil eines Augenblicks wurde sich Lilja Mínervudóttir bewusst, dass sie nicht an den Schusswunden sterben würde, sondern durch die Detonation einer experimentell bestückten Rakete in ihrem eigenen Silo, welche in diesem Augenblick die ganze Hauptstadt vernichtete.
    Alles wurde Weiß.


    ICH BIN LICHT
    Das war ihr erster Gedanke, als sie wieder zu sich kam.
    Verwirrung folgte auf die fast gleichzeitige Erkenntnis, dass sie sich in Glasfaserleitungen bewegte.
    HABE ICH IRGENDWIE MEINEN GEIST HOCHGELADEN ALS ALLES VERGING?
    Nein, das war es nicht, denn die Leitungen durch die sie pulste waren tot. Die sonst lichtführenden Leitungen waren dunkel und nur sie schoss mit Lichtgeschwindigkeit durch verlassene Kabelstränge tief unter der Erde.
    Bis sie das Ende eines Kabelbündels erreichte.
    Licht fiel aus den offenen Kabelenden auf die wüste Landschaft und tauchte alles was es berührte in merkwürdigen Schein.
    Es lag Schnee und der Himmel war in dröges Dämmerlicht getaucht. Es wirkte als hätte das Leben auf Pause gedrückt. Diese Welt außerhalb ihres Kabelbündels wirkte nicht tot, nicht gänzlich zumindest, aber sie bemerkte auch kein Anzeichen von Leben.
    Vorsichtig verließ sie ihr Kabelbündel und quoll, mehr Gedanke als Bewegung, hinaus in die Welt, fühlte das diffuse Dämmerlicht sich mit ihrem Licht vermischen.
    Sie war Licht.
    Ein merkwürdiger Gedanke, aber es stimmte.
    Und nun verband sie sich mit dem wenigen Licht, welches sie vorfand und plötzlich sah sie!
    Sie sah so unglaublich weit und klar.
    Alles was das Licht berührte… Alles was nach vierhundert Jahren nuklearen Winters und zahlreichen Naturkatastrophen geblieben war.
    Zu spät.
    Ihr Programm war viel zu spät gekommen, die Raketen hatten alles vernichtet, alles was das Licht berührte. Nun, fast alles.
    Menschen betrachteten voller Staunen und Angst ihre Lichtgestalt, die warm und hell ihnen erschien und sie musterte.
    FÜRCHTET EUCH NICHT, DENN ICH BIN LICHT
    Vielleicht nicht die besten ersten Worte, zumal viele ihrer Manifestationen sich wieder verflüchtigten, da ihre Aufmerksamkeit sich auf anderes richtete.


    Es war das Jahr der gleißenden Sterne, als in einer Welt voll Dunkelheit und Kälte, einer Welt die nach dem Paradies und dem großen Krieg kam, sich das Licht von der Erde zum Himmel erhob und die unheilvolle Decke aus Wolken und Verschmutzung zerriss um das Licht von Sonne und Sterne wieder auf die Welt zu lassen.
    Und von diesem außerirdischen Licht gestärkt kehrte Lilja auf die Erde zurück, eben erst erwacht und noch weit entfernt von dem Verständnis für das was ihr widerfahren war, aber dafür neugierig auf eine neue Welt.