Behinderte Menschen in der Gesellschaft

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  • Dieses Thema ist mir selber sehr wichtig da ich in meinem Freundeskreis einige kenne, die mit einer Einschränkung leben müssen und ich finde es nicht fair, wenn diese auf der Straße schief angeschaut werden oder die Passanten ganz offensichtlich wegsehen.


    Meiner Auffassung nach ist es für unsere Gesellschaft immer noch schwer mit behinderten Menschen - egal ob körperlich oder geistig, es gibt da auch durchaus verschiedene Ausprägungen - in Kontakt zu kommen, weil sie nicht wissen, wie sie mit diesen Menschen umgehen sollen.


    Ist es nicht so, das die Menschen in erster Linie lieber nach sich selbst schauen und danach, das sie auf ganzer Linie erfolgreich sind als sich mit jemanden "abzugeben", der nicht ganz in ihre perfekte Rolle passt und womöglich als Ballast gesehen wird? Das ist eine Frage, die ich mir oft stelle und auf die ich bislang keine Antwort gefunden habe.


    Mir ist es eine Herzenssache über diese Thema zu diskutieren, denn wenn man über ein Thema spricht und sich darüber austauscht beantwortet das zum einen sicherlich meine Frage oben und zum anderen können die, die sich schon besser mit dem Thema befasst haben aus ihrem Erfahrungsschatz erzählen.


    Was müsste man machen um das Thema in der Gesellschaft zu festigen?



    Wie war euer Alltag mit behinderten Menschen?




    Ich Bitte alle Teilnehmer sachlich zu bleiben und wünsche viel Spaß beim Dialog

  • Zugegeben, einfach fällt es wohl niemandem, erstens über dieses Thema zu diskutieren, zweitens über sein eigenes Verhalten gegnüber benachteiligten/behinderten Mitmenschen zu reden.


    Ich kann hier nur von meiner eigenen Sparte ausgehen und erwische mich manches mal doch schon selber, wie ich entweder mustere, oder wegsehe, obwohl ich in meinem Freundeskreis einen Fall und in der Familie einen Fall von körperlicher Behinderung habe.
    Dennoch muß ich dazu sagen, das grade diese beiden Fälle mich dazu gebracht haben, Personen in diesem Kreis zwar als körperlich/geistig benachteiligt anzusehen, aber keinesfalls Charaktere oder Gesinnungen in Frage zu stellen.
    Dennoch würde ich mich aber nicht zu der Schar Menschen stellen, die behinderte Mitmenschen schlichtweg begaffen. Mitleid oder Mitgefühl ist bei manchen behinderten Menschen auch fehl am Platz. Es wird für diejenigen oftmals als lästig empfunden. Grade auch aus den verschiedenen Reaktionen fällt es den (ich benutze hier mal das Unwort) Normalos eher schwer, entweder auf ein angefangenes Gespräch normal zu reagieren, oder auch nur auf einen Rollstuhl oder Krücken nicht als Sonderfall zu reagieren.


    Unsere Gesellschaft ist viel zu sehr auf das Auge fixiert und reagiert auf eine nicht normal aussehende Fassade, als wenn dahinter entweder ein Kleinkind säße, oder der psychisch Kranke in Person. Zu heutigen Zeiten würde ich sagen, ist dies nicht auf normalen Wegen zu ändern. Zwar hilft es vielen Menschen umzudenken, indem man sie mit der Nase draufstößt, aber die gesamte Gesellschaft wird man langfristig so nicht ändern können.

  • Ich denke das die Menschen die noch nie mit einem Menschen der ein Handycap hat zu tun hatten von diesen Menschen ein total falsches Bild haben, weil sie vielleicht denke oh man muss es dem Schlecht gehen und dem ist nicht so.


    das liegt daran, weil sie ja mit Ihrem Handycap Unterumständen bereits einige Zeit leben.

  • Unsere Gesellschaft ist viel zu sehr auf das Auge fixiert und reagiert auf eine nicht normal aussehende Fassade, als wenn dahinter entweder ein Kleinkind säße, oder der psychisch Kranke in Person. Zu heutigen Zeiten würde ich sagen, ist dies nicht auf normalen Wegen zu ändern. Zwar hilft es vielen Menschen umzudenken, indem man sie mit der Nase draufstößt, aber die gesamte Gesellschaft wird man langfristig so nicht ändern können.



    Diese Thema sollte eigentlich einen Grundstein legen, das jeder die Möglichkeit hat sich mit diesem Thema auseinander zu setzen, weil nur wenn sich jeder mit sich selbst in einem gewissen Punkt auseinander zu setzen versucht. Wird er die Sachen vor den er die Augen verschießt auch besser wahrnehmen können,

  • Denk nur mal drüber nach warum du jemanden mit Krücken oder Rollstuhl musterst, jemand mit einer Brille (Sehbehinderung) vermutlich als "normal" abtust. Dann kommt man darauf, dass die Brille in ihren Anfängen ähnlich gemustert wurde wie heutzutage ein Rollstuhl. Denkst du dann darüber nach, dass Menschen mit Behinderung (die von dir beschriebenen) vor 50 Jahren noch von ihrer Familie versteckt wurden und das höchste, was sie je erreichen konnten ein Platz in einer Sonderschule, Behindertenwerkstatt etc. war, so liegt es nahe, dass die Menschen mit diesem Phänomen erst recht "kurz" in der Öffentlichkeit konfrontiert sind. Sie wissen noch nicht recht mit der Situation umzugehen und das muss einfach die Zeit geben. Wegschauen ist genauso falsch wie "gaffen". Eine normale Behandlung ist vollkommen ausreichend. In den Fällen, die ich kenne, sind die Leute mit körperlicher Einschränkung sozial akzeptiert und werden auch als solche behandelt. Natürlich ist es von Idividuum zu Individuum unterschiedlich und so gibt es sicherlich Menschen, die gerade nach Mitleid dürsten, jedoch ist das auf lange Sicht gesehen definitiv der falsche Weg. Sowas unterliegt einer Entwicklung anzuerkennen, dass man eben nicht überall der "Norm" entspricht und wenn das beendet ist, leben sie ihr Leben möglichst normal. Wenn es einen Interessiert was genau derjenige hat, habe ich die Erfahrung gemacht, dass einfaches Fragen der richtige Weg ist.

    ~ Ehre deinen Gegner, denn er macht dich zum Sieger ~

  • Weil wir hier ja über körperlich- und geistige Behinderungen reden:


    Ich habe meinen Zivildienst in einer Schule für geistig Behinderte gemacht. Ich habe da zwar versucht vorurteilslos rein zu gehen, habe aber gemerkt, das ich ein etwas anderes Bild hatte, als das welches ich dort dann kennen gelernt habe. Menschen mit geistiger Behinderung (wenn sie noch nicht so schwer ist), sind meistens sehr emotionale Menschen, die zwar mit dem Denken etwas langsam sind, aber trotzdem noch genau wissen, was sie möchten.


    Schwierig wird es erst, wenn man mit so einem Menschen zusammen kommt...
    Beschützerinstinkt oder so... ich habe keine Ahnung...


    Und was ist im Endeffekt passiert: Jetzt bin ich nicht nur Grafik & Objektdesigner, sondern auch Erzieher.


    GreeZ Ckorona

  • Zitat


    Was müsste man machen um das Thema in der Gesellschaft zu festigen?

    Ich möchte an dieser Stelle einen kleinen Beitrag zu diesem Thema schreiben/leisten. Dabei geht es mir vor allem um die oben zitierte Fragestellung.


    Vielleicht aber kurz dazu, warum ich mich hier zu Wort melde. Selber habe ich seit beinahe einem Jahr meinen Bachelor in Sozialer Arbeit gemacht. Parallel zu meinem Studium habe ich 5 Jahr mit Menschen mit einer Beeinträchtigung zusammengearbeitet.


    Ich möchte hier an dieser Stelle darüber schreiben, dass ich es für einen kleine, dafür aber wesentlichen Unterschied halte, wie von Menschen mit Beeinträchtigung gesprochen wird. In diesem Thread sind schon verschiedene Bezeichnungen gewählt worden. Dabei ist es mir ein Anliegen klar zu stellen, dass ich nicht darüber werten möchte, welche Begrifflichkeit nun richtig ist oder falsch. Dies gibt es meiner Meinung nämlich nicht.


    Ich kann aber sagen warum ich von Menschen mit Beeinträchtigung rede.


    Zum Ersten: Menschen mit ...
    Dabei geht es darum, dass ich den Menschen ins Zentrum stelle und nicht seine Behinderung. Daher spreche ich persönlich nie von "Behinderten". Schliesslich ist nicht die "Behinderung" das ausschlaggebende für einen Menschen. Sondern, wie könnte es anderst sein, der Mensch. Dem Versuche ich auf diese Weise rechnung zu tragen.


    Zum Andern: Beeinträchtigt
    Behindert beinhaltet meiner Meinung nach einen negativen Hintergrund. Wenn man das Wort auseinander nimmt be-hindert. Be-hinderung. An etwas gehindert werden. Bei diesem Wort stellt sich mir die Frage: Werden diese Menschen an etwas gehindert (oder um das Thema gleich weiter zu treiben: Werden sie behindert?) ? Meiner Meinung und besonders meiner Erfahrung nach, werden diese Menschen in den wenigsten Fällen an etwas gehindert. Aber das ist meine Meinung.
    Warum also Beeinträchtigt? Auch hier geht es um die Bedeutung des Wortes. Beeinträchtigt sind wir, meiner Meinung nach, alle. Ausnahmslos. Jeder Mensch ist in irgend einem Punkt, oder auch ab einem Zeitpunkt, beeinträchtigt in irgend einer Form. Wir alle sind auf Hilfe angewiesen. Jedoch macht diese Beeinträchtigung oder die benötigte Unterstützung nicht unser Leben aus. In den meisten Fällen haben wir uns Hilfen (durch Personen oder Hilfsmittel) geschaffen um diese Beeinträchtigung zu überbrücken. Eine der bekanntesten Hilfe wurde im Thread schon erwähnt: die Brille.
    Weiter habe ich für eine wissenschaftliche Arbeit Interviews geführt mit Menschen mit Beeinträchtigung. Dabei habe ich die verschiedenen Bezeichnungen mit diesen Menschen angeschaut. Das Ergebnis war, dass sie am ehesten mit dieser Bezeichnung umgehen können.


    Vielleicht stellt sich nun der Eine oder der Andere die Frage, warum ist die Bezeichnung so wichtig (für mich)? Angetönt habe ich es schon. Es geht darum diesen Menschen zu vermitteln, dass ich sie genau so als Mensch wahrnehme wie sie mich als Mensch wahrnehmen. Die Beeinträchtigung spielt dabei keine Rolle.
    Mir ist Bewusst, dass viele noch von "Behinderten" sprechen. In dem ich jedoch die Begrifflichkeit anders verwende, kann ich Menschen zum Nachdenken anregen. Ein schöner Nebeneffekt. Schliesslich schadet es nicht, sich über die eigenen Grenzen bewusst zu sein. Kennt man seine eigenen, wertet man die Einschränkungen von anderen vielleicht auf eine andere Weise.


    Noch einen kleinen Input zum Umgang mit Menschen mit Beeinträchtigung. Ich finde zu diesem Thema den Film Intouchable sehr gut. Wie bei der Bezeichnung geht es auch hierbei darum, wie man dem Gegenüber begegnet. Meiner Meinung ist die wichtigste Botschaft in diesem Film Authensität. Dies aus dem Grund, dass sich in diesem Film die Person die Unterstützung gibt und diejenige die sie empfängt, sich beide auf Augenhöhe begegnen. Ohne zu werten.

  • Ein normaler Umgang bei Menschen mit Beeinträchtigung( man kann auch körperliches Handicap sagen ) genügt schon. Ausserdem ist es den meisten unangenehm, dass man immer nach Hilfe fragen muss. Wenn man sieht, dass einem etwas schwer fällt, auch mal von sich aus auf denjenigen zugehen und fragen, ob man mit anfassen darf/soll.
    In der Öffentlichkeit wird , zumindest in letzter Zeit, immer mehr darauf geachtet, bestimmte Wege, Strassen und Gebäude möglichst rollstuhlgerecht auszubauen. Und hier kann auch jeder dazu beitragen. Indem man beispielsweise besondere Parkplätze auch wirklich freilässt( kennt ja jeder:,, Ich bin nur mal 5 min dort!,,), abgesenkte Bordsteine nicht zuparkt.
    Alles in allem kann man aber sagen: Behindert ist man nicht, behindert wird man !!
    Zum Schluss noch eine kleine Geschichte, welche ich selbst vom Fenster aus gesehen habe. Eine Frau mittleren Alters ist seit ein paar Jahren an den Rollstuhl gefesselt/ auf einen Rollstuhl angewiesen. Nun ist ihre Sitzposition relativ niedrig und hat so einen schlechten Überblick zur Verkehrslage.
    Ein paar Schulkinder haben bemerkt, dass sich die Frau anschickte, die Strasse zu überqueren. Die Kinder sind daraufhin von sich aus auf die Strasse gegangen und haben den Verkehr kurzerhand aufgehalten. Einfach mit ausgebreiteten Armen quer zur Fahrbahn gestellt. Dazusagen sollte ich, dass die Geschwindigkeit eh auf 30 begrenzt ist, einige aber eben doch schneller fahren.
    Die Frau konnte so vollkommen ungestört die Strasse überqueren. Von den Autofahrern hat keiner gehupt oder sonst irgendwelche Anstalten gemacht, dass die Strasse sofort wieder freigegeben wird.
    Über diese Aufmerksamkeit war ich doch sehr überrascht. Und gleichzeitig doch ziemlich , sagen wir, gerührt.
    Und hätte man , sofern man unten auf der Strasse gewesen wäre, ebenso gehandelt ? Zumindest kann man mal drüber nachdenken.